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Tod und Trauer in Oppeln

Todesfall und Begräbnis im Rahmen von Familie, Kirchen- und Ortsgemeinde

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Nach einem Todesfall mussten einerseits die Formalitäten wie Gänge zu Pfarrer oder Standesamt, „Kämmerei-Kasse“ und „Stadteinnehmer“, Totengräber oder Friedhofsaufseher, Sargschreiner, Fuhrunternehmer und eventuell zur örtlichen Zeitung zur Aufgabe einer Todesanzeige erledigt werden. Andererseits erfolgte währenddessen wie von alters her üblich eine „Ausstellung“ der Leiche im Haus des Verstorbenen, um Familie, Freunden und Bekannten zu ermöglichen Abschied zu nehmen. Eine Polizei-Verordnung der Oppelner Regierung hatte 1852 verordnet, dass „in der Regel Niemand vor Ablauf von 72 Stunden nach seinem Absterben beerdigt werden soll“. Dies hatte vor allem die Absicht, ein etwaiges „Lebendigbegraben“ von Scheintoten zu verhindern und bei Unklarheiten über die Todesursache den Leichnam eventuell noch gerichtlich überprüfen lassen zu können.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Nach Beendigung dieser „Ausstellung“ und Segnung des Toten wurde der Leichnam zum festgesetzten Begräbnistermin entweder im Stillen oder bei Vermögenderen im Rahmen eines von einem Geistlichen und einer kleineren oder größeren Trauergemeinde begleiteten Leichenzugs unter Gesang unmittelbar zur Beerdigung auf dem Friedhof gebracht. Auch am Grab sangen manchmal besondere Chöre oder die Trauernden selbst Lieder. Als wichtigster Akt des katholischen Glaubens bei einer Bestattung folgte die Einsegnung des Grabs und des Sargs durch den Geistlichen. Dieser liturgische Akt durfte bei keinem Begräbnis eines gläubigen Katholiken fehlen.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Von einem solchen Ablauf berichtet auch der in der Odervorstadt aufgewachsene Hans Niekrawietz (1896-1983) in seinem Roman „Der Wind weht von der Oder“ (1961) beim Tod seiner fast 90-jährigen Urgroßmutter „Mamm“ kurz nach 1900. Zunächst wurde sie im Sterbehaus zur „Ausstellung“ aufgebettet: „… die wenigen, die zur Totenschau kamen, gingen wie lautlose Schatten ein und aus. – Erst beim Begräbnis, hinter dem schlichten Sarge, und den singenden Ministranten, sah man sie alle wieder, die ihr in Liebe und Verehrung zugetan gewesen, und das waren viele, viele aus näherem und weiterem Umkreis.“

Schwarze Kleidung als Zeichen der Trauer war schon früh üblich. So erschienen z. B. alle Stadträte zur feierlichen Einweihung des Gedenksteins für Pfarrer Paul 1827 schwarz gekleidet. Nach der Friedhofs-Ordnung der Stadt Oppeln von 1878 hatten sich auch die Totengräber „in anständiger dunkler Kleidung bei der Beerdigung am Grabe“ einzufinden. Sie „führen mit Beihilfe der Leichenträger die Einsenkung des Sarges aus, schütten den Grabhügel in der vorgeschriebenen Form auf und ordnen die vorhandenen Kränze“.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Wie aus einer Notiz aus dem Jahr 1890 hervorgeht, fand der so genannte „Leichenschmaus“ in Oppeln im 19. Jahrhundert nach der Beendigung des Begräbnisses in aller Regel im Hause des Verstorbenen statt.

Besonders in wohlhabenderen evangelischen Familien bestand bei Angehörigen seit alters her die Sitte am Sarg des Toten einen Lebenslauf des Verstorbenen verlesen zu lassen. Am 12. Sept. 1825 verordnete die Oppelner Regierung (Amtsblätter, S. 24), dass dieses aber nur dem Pfarrer selbst „vor seiner Gemeinde“ gestattet sei. Doch waren wohl zumindest später auch Ausnahmen möglich, so sprach ein Angehöriger „an der Gruft des seligen vollendeten lieben Vetter(s)“ Erdmann Raabe 1865 einige Trostworte, die später sogar im Druck erschienen. Aber noch die Ergänzungen zur Oppelner Friedhofsordnung von 1929 sahen vor, dass solche „Laienansprachen“ erst nach vorheriger Einsendung einer Kopie des Texts an die „Friedhofsdeputation“ und nach deren erfolgtem Placet offiziell erlaubt wurden – vermutlich, um dort politischen Manifestationen entgegenzuwirken. Wenn bei ev. Gemeinden der Pfarrer verhindert war, durften auch Lehrer die Begräbnisse leiten, da nach ev. Glauben keine geistliche Einsegnung nötig war. Bis 1825 kam dies in Oppeln und Umgebung besonders dort öfter vor, wo ein Pfarrer weit entfernt wohnte. Bei Beerdigungen öffentlich zu sprechen war Lehrern jedoch untersagt. Beim kath. Pfarramt musste die Einsegnung von Grab und Leichnam zuvor bestellt und bezahlt werden. Für den Tagelöhner Johann Wadas aus Kupienin/Weichsel in Galizien, der 1907 mit einer größeren Geldsumme in Oppeln tot aufgefunden wurde, erledigte dies unter Verwendung seiner monetären Hinterlassenschaft sogar die Polizei beim katholischen Pfarramt.

Die allermeisten Begräbnisse erfolgten in Oppeln im 19. Jahrhundert ohne großen Aufwand, Requiemsmesse oder Leichenzug, da sich die große Gruppe der Handwerker und Arbeiter solches finanziell nicht leisten konnte. Noch 1866 berichtete Stadtpfarrer Porsch, dass „öffentliche Beerdigungen“ nur selten vorkämen, während bei den so genannten „Armenbegräbnissen“ die „stillen Einsegnungen der Leichen Armer“ besonders für den Teil, „der von der Handarbeit lebt“, „ungleich häufiger“ seien.

In der Oppelner Friedhofsordnung von 1912 findet sich erstmals der Passus: „Alle Leichen sind in Särgen zu bestatten“. Die Beerdigung in Särgen war zu diesem Zeitpunkt in Oppeln aber sicher schon seit mehreren Jahrzehnten der Regelfall, doch scheinen Ausnahmen bis dahin – wohl vor allem bei Säuglingen – immer noch möglich gewesen zu sein. Im Falle des Unvermögens der Hinterbliebenen bezahlte die Stadt das Begräbnis. So wurden für das Haushaltsjahr 1892/93 „Zur Beschaffung von Särgen, Leichenfuhren und an Todtengräberlohn“ nach einem errechneten jährlichem Durchschnitt 480 Mark veranschlagt. 1907 kostete ein vom Oppelner Schreiner Biskup (1909: Leopold Biskup, Tischlermstr., Malapaner Str. 21) gelieferter Sarg 25 Mark. In Sakrau stellte Czesław Bągorski 1907 Särge her. Er hat seine Kundschaft besonders unter der polnischen Minderheit. In seiner Reklame aus dem Jahr 1904 lesen wir: „Landsleute, unterstützt die Euren. […] ich habe in meinem Lager für sehr günstige Preise eine große Auswahl von Särgen unterschiedlicher Größe mit sämtlichem Zubehör und allen Bekleidungen.“

Es gab auch billige „Armensärge“. 1907 stellte sie in Oppeln z. B. der Tischlermeister Moeser her (1909: Paul Moeser, Tischlermeister, Breslauer Platz 17; Konrad Moeser, Tischler, Conventstr. 1; Josef Moeser, Holzkaufmann, Krakauer Str. 57). Der Friedhofsaufseher Piechulek hatten im Leichenhaus immer drei Armensärge „vorrätig“ zu halten.

Andererseits war es in Schlesien besonders bei Todesfällen angesehener Bürger von alters her auch üblich gewesen die Särge mit den sterblichen Überresten für Begräbnisfeiern (Exequien) in einer Kirche aufzubetten. Eine Requiemsmesse war auch nach kath. Kirchenrecht nicht zwingend vorgeschrieben, wobei sie aber doch für sehr wünschenswert erachtet wurde. In der Kirche wurde dann im Abschiedsgottesdienst für das Seelenheil des Toten gebetet und in einer so genannten „Leichenpredigt“ oder „Leichenrede“ konnten seine Verdienste gewürdigt werden – so geschehen z. B. am 23. Januar 1895 für den drei Tage nach seinem Tod zu diesem Zwecke in der Oppelner Heiligkreuzkirche aufgebetteten Leichnam des Stadtpfarrers Wilhelm Porsch. Anschließend bewegte sich der Leichenkondukt mit seinen sterblichen Überresten in Richtung des Friedhofs an der Breslauer Straße.

Noch 1885 waren in einer Polizeiordnung für Oppeln Regeln für Leichenzüge auf öffentlichen Straßen festgelegt worden, etwa, dass maximal fünf Personen nebeneinander gehen durften, damit der Verkehr nicht behindert wurde. Am 13. Januar 1890 um 4 Uhr nachmittags bewegte sich auf der Halbendorfer Chaussee ein Leichenzug in Richtung des Friedhofs, wobei er vom Lärm passierender Wagen – die zudem nicht wie vorgeschrieben anhielten – empfindlich gestört wurde. Dies hatte eine Beschwerde der Trauernden wegen „Störung der andächtigen Ruhe“ beim Magistrat zur Folge – ein über Jahrzehnte andauerndes Problem bei dem an der Kreuzung zweier Verkehrshauptadern gelegenen Oderfriedhofs. So musste noch 1904 eine Oppelner Polizeiverordnung vorsehen: „Auf an den städtischen Begräbnisplätzen vorbeiführenden Straßen und Wegen hat sich der Verkehr in größter Ruhe zu vollziehen, ...“. Dies galt besonders während der Beerdigungen. Störungen sollten mit einer Strafe von bis zu 30 Mark oder 3 Tagen Haft geahndet werden.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Wenn es keinen Leichenzug gab, musste der Tote in anderer Weise zum Friedhof transportiert werden. 1887 hatte der Magistrat im Stadtblatt eine Polizeiordnung veröffentlichet, nach der Droschken nicht mehr „zum Transport von Leichen“ benutzt werden durften – ein deutlicher Hinweis darauf, dass dies zuvor in Oppeln durchaus üblich war... Es wurde nun der „Fuhrwerksbesitzer Ignatz Bernhard, Adalbertplatz Nr. 5“ „für den gewerbsmäßigen Transport von Leichen konzessioniert“. Der Leichenwagen wurde „dadurch gekennzeichnet, daß zu beiden Seiten des Kutschersitzes auf weißem Grunde ein schwarzes Kreuz und die Buchstaben L. W. angebracht sind.“ – Es wurde zudem verboten, dass „Personen auf der Rückfahrt vom Begräbnisplatze in demselben Platz nehmen“.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Seit 1902 konnte die Aufbettung der Leiche auch in der neu errichteten Kapelle, die zunächst als „Begräbnishalle“ bezeichnet wurde, auf dem Friedhof geschehen. Bereits zuvor war im Jahr 1889 auf dem Kommunalfriedhof hinter dem neuen Inspektorenhaus erstmals in Oppeln auch eine Leichenhalle entstanden. So ließ etwa der Hotelbesitzer Grundmann nach dem Tod seiner Mutter am 30. Oktober 1897 ihre Leiche noch am selben Tage mit Hilfe einiger Leute in die städtische Leichenhalle hinter dem Friedhof transportieren. Von dort sollte sie später zu ihrem Grab getragen werden, während ein Leichenzug durch die Straßen oder gar Aufbettung in einer Kirche entfielen. Schon 1874 hatte die Oppelner Regierung den Bau einer Leichenhalle gefordert, doch konnte der Magistrat dieser Anordnung wegen der, wie er betonte: „beschränkten Mittel unserer Verwaltung“ nicht Folge leisten. Schon mindestens seit 1844 hatte auf dem Oderfriedhof aber ein kleines „Bahrenhäuschen“, existiert, wo vor allem die Bahren und das Gerät der Totengräber aufbewahrt wurden. Als diese alte „Bahrenbaude“ 1862 baufällig war, erfolgte ein Neubau. Wohl in diesem Gebäude gab es 1866 „eine kleine Todtenkammer“, ein gesondertes „Todtenhaus“ fehlte jedoch, wie man beklagte. Im Bahrenhaus wurden wohl eher – wie bei der Choleraepidemie 1866 – in Ausnahmefällen und nur kurzfristig Leichen verwahrt, doch wurde es 1926 – vermutlich in Analogie zum neuen – als „altes Leichenhaus“ bezeichnet.

Von 1901 bis 1910 wurden nach offiziellen Angaben auf dem Kommunalfriedhof 2.812 Erwachsene und 3.396 Kinder beerdigt, was im Durchschnitt jährlich 621 Beerdigungen bedeutete, also etwa zwei täglich – davon mehr als die Hälfte Kinder. Die Leichenhalle mit 8 Kammern wurde im Zeitraum von 1906-1910 jährlich durchschnittlich etwa einhundertmal (also bei etwa 16 % der Beerdigungen) und von 1911-1923 jährlich etwa 120-mal benutzt. Die 1902 fertiggestellte Friedhofskapelle („Begräbnishalle“) war dagegen von 1906-1910 nur etwa 50-mal (also bei etwa 8 % der Beerdigungen) im Jahr in Gebrauch. Dies legt nahe, dass es damals weiterhin üblich blieb nach einer dreitägigen „Ausstellung“ im Sterbehaus unmittelbar zu begraben.

Die seit den 1870er Jahren in Europa langsam aufkommende Leichenverbrennung war im Abendland ein Tabubruch und über Jahrhunderte zuvor kein Thema gewesen. Das erste Krematorium in Deutschland wurde 1878 in Gotha in Betrieb genommen. 1905 bildete sich in Berlin ein erster Vorläuferverein des mit der Arbeiterbewegung eng verbundenen „Verbands für Freidenkertum und Feuerbestattung“, der 1929 auch in Oppeln einen Ortsverband hatte. Die katholische Kirche hatte jedoch bereits 1886 ein Verbot der Feuerbestattung erlassen – das bis 1963 bestehen blieb. In der ev. Kirche Preußens gab es Fürsprecher und Gegner der Feuerbestattung. 1911 wurde ihren Geistlichen schließlich unter gewissen Bedingungen ihre Mitwirkung „in Amtstracht“ an solchen Trauerfeiern erlaubt – bei der Beisetzung der Asche jedoch erst 1926.

Nach dem Gesetz vom 14. September 1911 wurden in Preußen Feuerbestattungen offiziell zugelassen. So sah dir Oppelner Friedhofsordnung von 1912 nun auch Urnengräber vor. Urnen konnten entweder unterirdisch beigesetzt oder oberirdisch – verbunden oder vermauert auf einem Familiengrab – aufgestellt werden. Die erste „Feuerbestattungsanlage“ (Krematorium) Schlesiens wurde im November 1913 in Görlitz eröffnet, 1915 folgte Hirschberg, die Kapitale Breslau jedoch erst 1926. Mindestens seit 1916 existierte auch schon der „Oberschlesische Verein für fakultative Feuerbestattung“, der seinen Sitz in Gleiwitz hatte. Aber erst mit der Anlage des neuen Friedhofs in Halbendorf wurde 1928 ein eigener „Urnenhain“ eingeplant und vermutlich auch eingerichtet.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Als sich Oppeln seit 1945 in den Grenzen Polens wiederfand, wurde trotz des neuen Friedhofs in Halbendorf der seit 1931 für den Normalbetrieb geschlossene Oderfriedhof erneut eröffnet. Wenn wir damalige Todesanzeigen und Nachrufe lesen, können wir den Ablauf und die Organisation der Begräbnisse dieser Zeit rekonstruieren. Der Leichenzug startete vom Haus des Verstorbenen aus oder – was immer öfter vorkam – vor der Leichenhalle, welche sich beim St.-Adalbert-Hospital an der Straßenkreuzung der ul. Kośnego mit der ul. Katowickiej befand. Heute steht hier das Woiwodschaftshospital, wobei jetzt im Gebäude des ehemaligen Leichenhauses eine Apotheke untergebracht ist.

Als ein gutes Beispiel für ein Begräbnis aus dieser Zeit kann das von Łucja Marcinkowska, geb. Smułczyńska, gelten. Die junge Apothekerin hatte nach Kriegsende zusammen mit ihrem Mann am Oppelner Ring die Apotheke „Zum Löwen“ eröffnet. Sie starb am 11. Mai 1947 im Alter von nur 30 Jahren bei der Geburt ihres zweiten Kindes. Drei Tage nach ihrem Tod holte man ihren Leichnam aus ihrem Sterbehaus am Ring Nr. 1 ab. Wie aus ihrer Todesanzeige hervorgeht, fanden die Trauerzeremonien in der Heiligkreuzkirche sowie „auf dem alten Oppelner Friedhof“ statt. An der Trauerfeierlichkeit nahm eine „riesige Menschenmenge Oppelner Bürger“, der Chor ‚Die Laute‘ (Lutnia) sowie die Eisenbahnergewerkschaft teil, wie wir aus der Danksagungsanzeige, welche der Ehemann der Verstorbenen in der Zeitung „Nowiny Opolskie“ aufgab, erfahren.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Aus den Schilderungen der Erinnerungen Oppelner Bürger, die in den ersten Nachkriegsjahren ihre verstorbenen Nächsten zu ihren Gräbern geleiten mussten, geht hervor, dass sie im Leichenzug dem Sarg auf einem von Pferden gezogenen Leichenwagen zu Fuß bis hin zur ul. Wrocławska folgten. Voran schritt der Geistliche. Bis 1948 führte der Weg des Trauerzugs über die einzige damals nutzbare Oderbrücke aus Holz, die man provisorisch in Verlängerung der ul. Konopnicka errichtet hatte. Wie mancher sich erinnert, konnte ein Begräbnis auf diese Weise sehr lange dauern, so betrug z. b. die Strecke von der Leichenhalle des Krankenhauses bis zum Friedhof ungefähr zwei Kilometer.

In den ersten Nachkriegsjahren war die gesamte „Beerdigungsbranche“ ähnlich wie bereits vor dem Krieg in privater Hand. So warb etwa das Beerdigungsunternehmen „Konkordia“ in der ul. Szpitalna 15 in den „Nowiny Opolskie“. Das Unternehmen bot unter anderem „eine große Auswahl an Särgen in unterschiedlichen Maßen, Ausführungen und Farben, fachmännisch und solide gearbeitet“, an. Gegen Ende der 1940er Jahre fanden in Zusammenhang mit den zunehmenden Tendenzen der Verstaatlichung von Unternehmen auch in dieser Branche staatliche Betriebe Eingang. Im sozialistischen System waren die Bürger sogar noch nach ihrem Tode einer Kontrolle unterworfen – eine Druckerei nahm keinen Auftrag zum Druck von Todesanzeigen für einen öffentlichen Aushang an, bevor diese nicht vom Zensor mit einem Vermerk versehen und zum Druck freigegeben worden waren.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska In den Oppelner Nachkriegszeitungen (1946-1950 „Nowiny Opolskie“ und seit 1952 „Trybuna Opolska“) finden sich bis zum Ende der 1940er Jahre eine große Menge von Todesanzeigen und Nachrufen. In den Zeiten des strengsten Stalinismus zu Beginn der 1950er Jahre verringerte sich ihre Anzahl bedeutend. In dieser Zeit wurden nur noch Todesanzeigen von Parteifunktionären gedruckt. Die Lage änderte sich deutlich mit Beginn des politischen „Tauwetters“ im Jahre 1956 – mit jedem neuen Jahrgang brachte die „Trybuna Opolska“ mehr und mehr Todesanzeigen von Personen, die nicht mit der Partei verbunden waren, und sogar Todesanzeigen, die von den Familien der Verstorbenen aufgegeben worden waren.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Die im staatlichen System vorgehenden Veränderungen hatten auch auf die Formen der Begräbnisse Auswirkung. Nach dem Jahr 1948 gab man manchen Begräbnissen öffentlicher Personen einen unkirchlichen Charakter. Dies betraf vor allem Parteifunktionäre und Vertreter des örtlichen Machtapparats. Einen besonders prachtvollen, dabei aber unchristlichen Charakter hatte das Begräbnis von Edward Wilczek, einem gesellschaftliche Aktivisten und Sekretär Cmentarz Opole, ul. Wrocławska des Präsidiums des Nationalrats der Woiwodschaft (Wojewódzka Rada Narodowa, WRN). Er starb im Januar 1961. Ein Bericht aus der „Trybuna Opolska“ lautete wie folgt: „Um 13 Uhr startete vor dem Gebäude des Präsidiums des Nationalen Woiwodschaftsrats der Trauerzug. In der Luft flattern Dutzende mit Trauerflor versehene Fahnen […] Die engsten Mitarbeiter des Verstorbenen tragen ein gutes Dutzend seiner Auszeichnungen. Hinter dem Sarg des Genossen Wilczek folgen mit der Familie die Genossen des Woiwodschafts-Exekutivkomitees der Volkrepublik Polen mit dem ersten Sekretär […] sowie dem Vorsitzenden des WRN. […] Der Leichenzug Cmentarz Opole, ul. Wrocławska nähert sich dem Eingangstor zum Friedhof an der ul. Wrocławska. Über dem Trauerzug fliegen zahlreiche Flugzeuge mit schwarzen Binden an den Flügeln – dies sind die Piloten des ‚Aeroklub Opolski‘, die ihren Vorsitzenden verabschieden.“ Nach den Verabschiedungsreden wurde „der Sarg unter den Klängen der Internationale in die Gruft herabgelassen“. Zu dem Bericht sind Bilder hinzugefügt, auf denen man die Teilnehmer des Trauerzugs mit ihren Standarten und Kränzen hinter dem auf der Ladefläche eines Lastwagens liegenden Sarg herschreiten sieht.

 

Hauptquellen:

Friedhofsordnungen der Stadt Oppeln von 1875, 1878, 1896, 1912 u. 1929 (mit Ergänzungen), in: APOP, Rejencja Opolska, wydział II-956 u. APOP Rej. Op., wydz. II-792.

Amtsblätter der (Königlichen) Regierung in Oppeln 1813 bis 1931.

Verwaltungsbericht des Magistrats der Stadt Oppeln für die Zeit vom 1. April 1906 bis 31. März 1911, Oppeln 1912, S. 188f.

Verwaltungsbericht der Stadtgemeinde Oppeln für die Zeit vom 1. April 1911 bis 31. März 1923, Oppeln 1926, S. 303-306.

Stadt Oppeln [Hg.], Oppelner Bürgerbuch. Sammlung der Verordnungen, Vorschriften, Tarife und anderen Abordnungen der Stadtverwaltung Oppeln, Oppeln 1904.

APOP 22-3341 (Personalakte „Carl Piechulek“).

APOP 22-4898 (Friedhofsakten).

Ferdinand Probst, Exequien, Tübingen 1856.

Henning Winter, Die Architektur der Krematorien im Deutschen Reich, 1878-1918, Dettelbach 2001.

Vom Todesfall bis zur Beerdigung – Was musste erledigt werden?

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Vor Gründung der Standesämter in Deutschland im Jahr 1874 musste bei einem Todesfall das „Familienhaupt“ oder der Hauswirt des Verstorbenen dem Pfarrer davon Mitteilung machen. Das kath. Pfarrhaus der Heilig-Kreuz-Kirche in Oppeln befand sich am Kirchplatz 2, das ev. am Regierungsplatz 2 im ehemaligen Minoritenkloster – wo 1909 auch der ev. Totengräber wohnte. Seit 1794 verordnete das Allgemeine Preußische Landrecht (ALR) dies betreffend: „Der Pfarrer muß sich nach der Todesart erkundigen, und dem Todtengräber aufgeben, bey der Einlegung der Leiche in den Sarg, und bey dessen Zuschlagung gegenwärtig zu seyn.“ Der Pfarrer trug daher eine große Verantwortung: „Alle gewaltsamen Todesarten, so wie deren bey Besichtigung der Leiche sich ergebende Vermuthungen, muß der Pfarrer der ordentlichen Obrigkeit schleunigst anzeigen…“ Vorher durfte in einem solchen Falle nicht beerdigt werden. Über alle „Begräbnisse“ hatten die Pfarrer ein Kirchenbuch zu führen und dort Namen, Daten und eventuell Todesumstände sofort nach einer Todesanzeige „deutlich und leserlich einzuschreiben“.

Bei Personen, die außerhalb ihrer Heimatgemeinde verstarben, war es freigestellt, diese hier oder in ihrem Sterbeort zu begraben. Die Hinterbliebenen konnten auch andere Begräbnisorte wählen, hatten dann jedoch auch dem Pfarrer aus dem Heimatort des Verstorbenen die üblichen Gebühren zu zahlen. Im Falle der Überführung einer Leiche in einen anderen Bezirk musste in Preußen schon seit 1794 ein „Leichenpaß“ ausgestellt werden. Im Seuchenfall war die Beerdigung im Sterbeort jedoch obligatorisch.

Am 12. September 1825 verordnete die Oppelner Regierung, dass jeder Todesfall dem örtlichen Pfarrer innerhalb von 12 Stunden anzuzeigen sei. Eine Beerdigung durfte erst erfolgen, wenn der Pfarrer darüber eine Bescheinigung ausgestellt hatte und diese anschließend dem Gemeindevorsteher vorgelegt worden war.

Schon 1849 hatte man im preußischen Justizministerium über die Einführung einer staatlichen Beurkundung des Personenstands nachgedacht. Darin war vorgesehen: „Die Beurkundung der Geburten, Heirathen und Sterbefälle soll fortan durch die dazu bestellten Personenstands-Beamten mittelst Eintragung in die dazu bestimmten Register erfolgen.“ Dieser „Personenstands-Beamte“ sollte grundsätzlich der Gemeindevorsteher sein, doch könne der Gemeinderat auch andere Personen mit dieser Aufgabe beauftragen. Der Entwurf trat jedoch nicht gesetzlich in Kraft.

Bis 1875 musste sich in Oppeln ein Angehöriger nach einem Todesfall nach erhaltener Bestätigung des Pfarramts über den Todesfall zur „Kämmerei-Kasse“ bzw. von 1875-1923 zur „Stadthaupt-Kasse“ , die sich wohl im Rathaus befanden, aufmachen, um dort eine Grabstelle zu bestellen und gleich im Voraus die Kosten dafür zu begleichen. Er erhielt dann als Quittung einen „Grabzettel“, den er anschließend dem Totengräber zur Grabaushebung überreichte.

Ende Januar 1845 legte der Oppelner Magistrat unter Bürgermeister Goretzki die Entgelte für die Grabstellen in unterschiedlicher Höhe und je nach „den Vermögensumständen der Verstorbenen“ in vier Klassen fest. Von diesen Sätzen sollten die Totengräber von der Kämmerei jeweils die Hälfte des entsprechenden Satzes als Lohn erhalten – „… und findet eine Einziehung des Lohns durch den Todtengräber nicht ferner statt“, wie es weiter heißt. Als die Hinterbliebenen die Totengräber zuvor noch persönlich entlohnt hatten, muss es demnach offenbar des Öfteren zu Ärgernissen über das rechte Entgelt gekommen sein…

Stadtarmen wurden von nun an generell kostenfrei Grabstellen gewährt und in einem solchen Fall wurden „die Todtengräber aus der Armenkasse befriedigt“. So erschien 1855 der Totengräber Franz Kudla vor der Kirchhof-Deputation und zeigte dort „Grabstellenscheine“ (Grabzettel) vor, bei denen die Hinterbliebenen „wegen Armuth“ nicht für „das Todtengräberlohn“ hatten aufkommen können. Es handelte sich dabei meist um Personen aus Handwerkerfamilien, z. B. einen Schuhmacher, eine Schuhmacherwitwe, einen Schneider, einen Zimmermann, einen Kürschner, einen Tagelöhner, eine Magd, einen Schuhmacher- und einen Tischlergesellen. Sie waren allesamt nicht in der Lage gewesen dem Totengräber seinen Lohn in Höhe von 5 Silbergroschen für ein Kinder- bzw. 10 Silbergroschen für ein Erwachsenengrab zu begleichen (1 Reichstaler à 30 Silbergroschen). Der des Schreibens nicht fähige Kudla unterzeichnete den Empfang des ihm vom Magistrat erstatteten Lohns unter der Formel „vorgelesen, genehmigt, unterschrieben“ mit drei Kreuzen „X X X“, wozu vom Stadtschreiber angefügt wurde: „i. e. [id est = das heißt] Franz Kudla“. Es finden sich im Staatsarchiv noch zahlreiche weitere ähnliche Dokumente, die von einer recht ausgebreiteten Armut in den Oppelner Handwerkerkreisen dieser Zeit zu zeugen scheinen. 10 Silbergroschen entsprachen um damals z. B. dem Tageslohn eines Hauers in einem Bergwerk im Kreis Beuthen – grob also mit heute vielleicht 80 Euro zu vergleichen.

Um im Todesfall trotzdem ein angemessenes Begräbnis gewähren zu können und die Hinterbliebenen abzusichern, bildeten sich Vereine aus. So zählte 1865 der 1848 in Oppeln errichtete „Sterbekassen-Verein“ 338 zahlende Mitglieder. Hier galt: „Die Prämie für den Sterbefall beträgt 100 Thaler.“ Der 1853 von Handwerkern errichtete Unterstützungs- und Begräbnisverein zählte damals 72 Mitglieder und der seit vielen Jahren bestehende Begräbnisverein – „Die deutsche Zeche“ genannt – 38 Mitglieder. Noch 1888 bestand dieser Beerdigungsverein der Tischler-, Seiler-, Hutmacher- und Böttcherinnung – damals ein schon 200 Jahre altes Überbleibsel aus alten Zunftzeiten.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Am 1. Oktober 1874 nahmen in Preußen die neuen Standesämter ihre Arbeit auf. Dort, wo wie auch in Oberschlesien zuvor das ALR gegolten hatte, verloren die Einträge der pfarramtlichen Kirchenbuchführung ihre Rechtskraft und brachen nicht selten bald ab (Neininger, S. XXXVI). Nach dem neuen Reichsgesetz vom 6. Februar 1875 musste der Sterbefall spätestens „am nächstfolgenden Wochentage“ beim Standesamt angezeigt werden. Das Oppelner Standesamt befand sich bis Juli 1923 im Verwaltungsgebäude, Malapaner Str. 6, dann war es kurz in den Räumen des alten Schulgebäudes der kath. Volksschule I. in der Nikolaistraße 32 untergebracht und am 1. Oktober 1924 wurde es ins Rathaus verlegt. Am 5. Juli 1930 zog es wohl kurzfristig in die Turmstraße 5 um.

Auch das Beerdigungswesen sollte im 1871 entstandenen Deutschen Reich formalisiert werden. Auf Anfrage der Oppelner Regierung im Oktober 1874 gab der Magistrat an, dass in Oppeln bislang noch keine „Kirchhof-Ordnung“ vorhanden sei. Erst im Dezember 1875 wurde vom Magistrat eine „Kirchhofs-Ordnung der Stadt Oppeln“ genehmigt. Für das mit dem Friedhof in Verbindung stehende Rechnungswesen waren nach dieser nun die „Beamten der Stadthaupt-Kasse“ verantwortlich. Mit der Führung eines neuen „Begräbniß-Registers“ wurde fortan der „Gemeinde-Einnehmer resp. dessen Vertreter“ betraut. Dieses Register enthielt über den Verstorbenen folgende Daten: – Nr. des Sterberegisters des Standesamts, – Nr. der Grabstelle, – ob dieser ev. od. kath war, – seinen Stand und Namen, – sein Alter, – seinen Todestag sowie – eventuelle Bemerkungen. Die Eintragung ins Begräbnisregister zur Anweisung der Grabstelle war nur „auf Grund der Bescheinigung des Standesbeamten über die erfolgte Todes-Anzeige zu bewirken“.

War alles ordnungsgemäß erfolgt, fertigte der Beamte also die Anweisung für eine festgelegte Grabstelle aus, mit welcher der Empfänger sich zunächst zu seinem Pfarrer begeben musste, um den Begräbnistermin festzulegen und anschließend die Grabbescheinigung „mit dessen Vermerk versehen“ dem Totengräber vorzuweisen hatte. Diese stellten dann „die Gräber an der durch die Nummer bezeichneten Stelle her“, während sie die „Grabzettel“ „nach der Reihenfolge geordnet aufzubewahren“ hatten.

Nach der großen Erweiterung des Friedhofs 1888 sowie dem Bau des Inspektorenhauses und der Leichenhalle 1889 wurde Karl Piechulek in das neu geschaffene Amt des „Friedhofsinspektors“ eingesetzt. Er hatte – wie schon seit 1875 verordnet – alle Grabstellen mit Nummernsteinen zu versehen und die ihm unterstellten Totengräber gemäß der Nummer der Grabbescheinigung anzuweisen am entsprechenden Ort die Grube auszuheben. Zudem hatte er eigene Listen der Grabstellen zu führen, um das städtische Begräbnisregister auf dem aktuellen Stand vor Ort halten zu können.

1890 erschien vor Piechulek der „Zigarrenmacher Thomas Bienjaś“, der ein verstorbenes, „neugeborenes Kind in einem Zigarrenkästchen“ – eine Frühgeburt nach 4 Monaten Schwangerschaft – zur Beerdigung brachte. Die Hebamme habe ihm gesagt, er brauche beim Standesamt „eine Frühgeburt nicht anzumelden“ – was aber falsch war, da schon das ALR deren Eintragungen in die Register forderte. Der gelernte Kunstgärtner Piechulek wusste dies jedoch noch nicht und suchte daher die Polizei um schnellen Rat an.

Im Normalfall war auch nach den Reformen in den 1870er Jahren noch keine verpflichtende ärztliche Leichenschau vorgeschrieben. Auf einer Sitzung des „Vereins der Aerzte Oberschlesiens“ am 1. Mai 1888 in Oppeln beschlossen dessen Mitglieder jedoch einstimmig sich für die Einführung einer „obligatorischen Leichenschau“ – zumindest in den Städten – einzusetzen. In Oppeln wurde diese aber erst im Februar 1903 per Polizeiverordnung verpflichtend. Hier heißt es: „Es darf keine Leiche beerdigt werden, bevor nicht die Polizeibehörde auf Grund einer von einem approbierten Arzte ausgestellten Todesbescheinigung die Erlaubnis zur Beerdigung, den Beerdigungsschein, erteilt hat. – Der Beerdigungsschein darf erst nach der Eintragung des Sterbefalles in das standesamtliche Sterberegister erteilt werden. […] Der Arzt darf die Todesbescheinigung nur auf Grund einer vorausgegangenen und von ihm persönlich vorgenommenen Leichenschau ausstellen.“ Bei Verdacht auf eine „gewaltsame Todesursache“ musste „unverzüglich“ die Polizei informiert werden.

Die zuletzt geschilderten Regelungen dauerten in kaum veränderter Weise bis zum Ende der deutschen Verwaltung im Januar 1945 an. Im Folgezeitraum von Januar bis April 1945 war Oppeln beinahe vollständig menschenleer und keine Behörde arbeitete mehr. Wenn jemand begraben werden musste, hatte man dies mit der Kraft seiner eigenen Hände ohne irgendwelche Formalitäten zu erledigen. Aus dieser Zeit sind daher auch zahlreiche Vorfälle überliefert, wo Leichen an für Begräbnisse nicht vorgesehenen Orten beerdigt wurden. Es ist z. B. bekannt, dass in der Zeit von Januar bis April 1945 im Garten des Altenpflegeheims St. Alexis 14 verstorbene Heimbewohner beerdigt wurden. Die das Heim führenden Schwestern richteten später in einem Schreiben an die Stadtverwaltung die Bitte um deren Exhumierung, „weil uns die Gräber dabei hinderlich sind unseren Garten zur Anpflanzung von Gemüse zu nutzen“.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Im April 1945 begann sich in der Stadt eine polnische Verwaltung zu formieren. Es wurden dabei auch neue polnische Vorschriften eingeführt, die Regelungen für viele verschiedene Lebensbereiche betrafen. Detaillierte Richtlinien über das Verfahren bei Todesfällen gab das polnische Gesetz „Über die Bestattung von Toten und die Feststellung der Todesursache“ aus dem Jahre 1932. Nach dessen Vorschriften durfte ein Verstorbener vom Augenblick seines Todes an nicht früher als nach Ablauf von 24 Stunden beerdigt werden und sein Leichnam durfte nicht länger als 72 Stunden in einem Haus verwahrt werden. Den Tod musste ein Arzt feststellen, der einen Totenschein (karta zgonu) erstellte.

Im ganzen Bereich der sogenannten „Wiedergewonnenen Gebiete”, das heißt, derjenigen Territorien, die 1945 an Polen angeschlossen wurden und sich zuvor innerhalb der Grenzen Deutschlands befunden hatten, bestand das Problem der Neuregelung vieler rechtlicher Vorschriften, darunter auch das der Registrierung von Todesfällen. Die polnische Verwaltung bemühte sich dieses Problem schnell zu lösen und veröffentlichte im September 1945 ein Dekret, das eine neue Ordnung für standesamtliche Rechtsakte einführte, welches die Vorschriften im ganzen Land vereinheitlichen sollte. Im Vorkriegspolen wurde – im Gegensatz zum Deutschen Reich – die Registrierung von Geburten (Taufen), Heiraten und Todesfällen ausschließlich in Kirchenbüchern, geführt – getrennt nach den verschiedenen Konfessionen. Zivile Standesämter gab es dagegen überhaupt keine. Solche nahmen nach den Vorschriften des oben genannten Dekrets erst vom 1. Januar 1946 an im ganzen Land ihre Tätigkeit auf. Man muss dabei jedoch anmerken, dass in den „Wiedergewonnenen Gebieten“ zuvor noch das deutsche Gesetz über die Beurkundung des Personenstandes vom 11. Juni 1920 (RGBl., S. 1209) weiter Anwendung gefunden hatte. Denn gemäß diesem hatten die dortigen neuen polnischen Zivilbehörden, welche Geburten, Eheschließungen und Todesfälle registrierten, in Nachfolge der deutschen Behörden 1945 ihre Tätigkeiten fortgeführt, bis 1956 das neue Dekret inkrafttrat.

Auch in Oppeln war das Standesamt eines der ersten polnischen Ämter, welche noch vor Kriegsende ihre Tätigkeit aufnahmen, und übernahm den Aktenbestand seines deutschen Vorläufers. Erster polnischer Leiter wurde Wojciech Poliwoda. In seinen Erinnerungen berichtet er, dass er, als er zum ersten Mal die Räumlichkeiten des Standesamts im Erdgeschoss des Rathauses betrat, dort noch „aufgeschlagene Akten, wie nach einer plötzlichen Unterbrechung im täglichen Verwaltungsgeschehen“ vorgefunden habe. „Einige der Dokumente trugen sogar das Datum vom 22. Januar 1945“. Im Zeitraum vom 12. April bis 31. Dezember 1945 registrierte das polnische Standesamt 871 Todesfälle. Poliwoda vermerkte dazu: „… am 20. April 1945 starb die vielleicht älteste Bewohnerin Oppelns – Florentyna Przendzik, geb. Urbanek, im Alter von 97 Jahren.“

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Cmentarz Opole, ul. Wrocławska In der 12. Abteilung des Dekrets über die „Rechtsvorschriften zur Beurkundung des Personenstands” lesen wir unter dem Titel „Über die Beurkundung von Sterbefällen“, dass es vorgeschrieben war die Meldung eines Todesfalles oder den Fund einer Leiche innerhalb von 24 Stunden auszuführen. Die vom zuständigen Standesamt ausgestellte Sterbeurkunde (akt zejścia) sollte folgende grundlegende Daten des Verstorbenen enthalten: „Vorname, Name, Personenstand und Staatsangehörigkeit des Toten, seinen letzten Wohnort, Geburtsdatum- und Ort sowie die Daten seines Ehepartners und seiner Eltern und, wenn diese noch lebten, auch deren Beruf und Wohnort; sowie Vorname, Name, Beruf und Wohnort derjenigen Person, die den Todesfall angezeigt hatte.“ Die Eintragung erfolgte auf Grundlage des vom Arzt ausgefüllten Totenscheins oder „nach der persönlichen Inaugenscheinnahme und Feststellung des Todes“ durch einen Standesbeamten. Die Ausfertigung der Sterbeurkunde war kostenfrei. Erst auf Grundlage dieses Dokuments konnten man weitere Schritte zur Organisation des Begräbnisses unternehmen.

Es bleibt noch zu erwähnen, dass neben den verpflichtenden Personalregistern der Standesämter die Kirchenbücher weitergeführt wurden. Die bei weitem überwiegende Mehrheit der Personen, die seit 1945 auf dem Friedhof begraben wurde, erhielt ein Begräbnis nach katholischem Ritus und so wurden ihre Todesfälle auch im Kirchenbuch des katholischen Pfarramts registriert.

 

Hauptquellen:

Friedhofsordnungen der Stadt Oppeln von 1875, 1878, 1896, 1912 u. 1929 (mit Ergänzungen), in: APOP, Rejencja Opolska, wydział II-956 u. APOP Rej. Op., wydz. II-792.

Felix Triest, Topographisches Handbuch von Oberschlesien, Bd. 1, Breslau 1865, S. 55.

Falko Neininger, Brandenburgische Kirchenbuchduplikate 1794-1874. Ein Verzeichnis der Überlieferung im Brandenburgischen Landeshauptarchiv, Frankfurt a. M. 2008 (Einführung).

APOP, Abt. 22, Sign. 3341 (Personalakte „Carl Piechulek“).

APOP, Abt. 22, Sign. 2377 (Schulwesen).

APOP, Abt. 22, Sign. 2782 (Totengräberlohn).

APOP, Abt. 22, Sign. 1384 (Begräbnisvereine).

APOP, Abt. 180 (Zarząd Miejski w Opolu), Sign. 281 (Grobownictwo wojenne).

Dekret z dnia 25 września 1945 r. Prawo o aktach stanu cywilnego.

Ustawa z dnia 17 marca 1932 r. o chowaniu zmarłych i stwierdzaniu przyczyny zgonu.

Wojciech Poliwoda, Powrót na ziemie ojców [w:] Pierwsze lata władzy ludowej we wspomnieniach Opolan, Katowice 1971, s. 287-288.

Der Friedhof – seine Unterhaltung, seine Regeln

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Als der neue Oppelner „Begräbniß-Platz“ – so wie er von offizieller Seite zunächst meist bezeichnet wurde – 1813 außerhalb der Stadtmauern entstanden war, gab es für seine Unterhaltung zunächst keine andere schriftliche Ordnung als das, was kirchliche Traditionen, altes Herkommen und die allgemeinen preußischen Gesetze bis dahin vorsahen. Für das damals ganz überwiegend katholische Oppeln war es jedoch eine einschneidende Neuerung, dass der Friedhof nun nicht mehr von der Kirche, sondern vom städtischen Magistrat verwaltet wurde und für beide christlichen Konfessionen zugleich vorgesehen war.

Zur Verwaltung des Friedhofs wurde als „Organ des Magistrats“ eine „Kirchhof-Deputation“ eingerichtet, der später z. B. der Stadtbaurat und einer der Stadtverordneten angehörten. Bei allen Entscheidungen der Friedhofsverwaltung, die religiöse Belange betrafen, hatte der Magistrat auch das „Kirchen Vorsteher Collegium beyder Confessionen“, meist unter Leitung des ev. und des kath. Stadtpfarrers, zu hören. Friedhofsordnungen mussten auch von der Stadtverordnetenversammlung genehmigt werden.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Übliche weitere Bezeichnungen für den neuen Friedhof waren seit seiner Entstehungszeit „Kirchhof vor dem Oderthore“, „Oderkirchhof“, „Kirchhof am Schießhause“, „Kirchhof in der Odervorstadt“, „gemeinschaftlicher Kirchhof“, „Kirchhof an der Breslauer Str.“ und seit etwa 1878 dann vor allem „Christlicher Friedhof“, „Städtischer Friedhof“ oder „Kommunalfriedhof“.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Als erste Baumaßnahme wurde eine Umzäunung des Friedhofs in Angriff genommen, um diesen zumindest etwas vom Straßenverkehr abzugrenzen, jedoch vor allem um das Eindringen von Wild und Weidevieh zu verhindern. Noch 1816 war diese aber nur teilweise fertiggestellt, was in der Stadt Unmut erregte, und erst 1818/19 wurde der Friedhof dann „mit massiven Pfeilern und mit Staketen eingefriedet“ (Idzikowski, S. 300).

Wie auch schon zuvor auf den engen städtischen „Kirchhöfen“ – die ihren Bezeichnung von ihrer Lage um eine Kirche erhalten hatten – war auch auf dem neuen Begräbnisplatz in der Odervorstadt nach Ablauf der Ruhezeit von Beginn an eine Wiederbelegung der Grabstellen üblich. Die Vollbelegung eines der ersten vier Felder des neuen Friedhofs dauerte in seiner Anfangszeit etwa 5 bis 10 Jahre. Anschließend folgte die Ruhezeit. 1835 verordnete die Oppelner Regierung für ihren Bezirk, dass nirgendwo ein Grab vor 20-25 Jahren Ruhezeit aufgegraben werden dürfe – was nämlich bis dahin nicht selten geschehen war, vor allem um Familienmitglieder umzubetten und in einander benachbarte Gräber legen zu können.

Schon damals bestand auch die Möglichkeit „Begräbnißplätze zu Eigentumsrechten“ – so genannte Erbbegräbnisse – zu erwerben oder nach erneuter Entrichtung des „Grabstellengelds“ die Ruhezeit von Gräbern zu verlängern, während die übrigen Gräber nach deren Ablauf eingeebnet und etwaige Grabsteine etc. entfernt wurden. So zeigte der Friedhof in der Odervorstadt im Laufe der Jahrzehnte bald ein buntes Bild, wo unter Feldern neu belegter Gräber verstreut auch weiterhin einige alte lagen. So konnte 1911 kein Feld vollständig für die Wiederbelegung völlig frei gemacht werden, da sich auf allen Feldern „planlos zerstreut liegende oder noch nicht verjährte oder wiedererworbene Grabstellen“ befanden.

Bei der stark anwachsenden Bevölkerungszahl Oppelns war Platzmangel von Beginn an ein erhebliches Problem, was die Friedhofsverwaltung zu umstrittenen Maßnahmen zwang. Im Oktober 1866 veranlasste dies „mehrere Menschenfreunden des Oderviertel[s]“ sich beim Regierungspräsidenten von Viebahn schriftlich zu beschweren: „Wenn man gegenwärtig zu einem Begräbniß geht, muß man sich entsetzen vor dem Anblick, daß die Todtengräber – welche gleichzeitig die Zeugen sind – zuweilen ganze Särge, [die] mit Gerippen noch zusammenhängen, herausgraben. […] Kann nicht zum Kirchhofe etwas dazu gekauft werden oder der Evangelische Kirchen Acker dazu genommen werden? Daß fortheilhafteste wäre das Schießhauß – den[n] ein Todtenhaus wäre sehr nöthig, den[n] es ist schreklich mit anzusehen, das[s] diejenige[n], die heut sterben noch auf den Kirchhof getragen werden und dort in die Todtenkammer kommen, wo weder ein Fenster, die Thüre offen, die Särge zu und kein Wächter [ist], denn in Breslau haben wir doch mehrere Fälle gehabt, sagen ist hier bei Herr Krug seinem Sohne vor ungefähr acht Tage[n] das selbe soll vorgekommen [sein], welcher gegenwärtig ganz munter ist. Wie fiehle mögen da Lebendig begraben werden?“ Von Viebahn leitete die Sache an den Magistrat weiter und forderte dazu auf sie dort „näher zu erörtern“. Doch erst bis 1873 wurde der Friedhof schließlich erweitert und eine Leichenhalle sogar erst 1889 errichtet.

Die erste „Kirchhofs-Ordnung der Stadt Oppeln“ wurde am 18. Dezember 1875 vom Oppelner Magistrat genehmigt, nachdem die Oppelner Regierung eine solche im Rahmen des neuen „Reichsgesetzes über die Beurkundung des Personenstands“ von 1874 gefordert hatte. Die Ruhezeit betrug nun ausdrücklich mindestens 25 Jahre. Für die beiden Totengräber, die „Unterbeamte“ der Kirchhofsdeputation waren, wurde verordnet, dass der eine evangelisch und der andere katholisch sein müsse. Weiter hieß es: „Die Totengräber halten während der Tageszeit den Kirchhof dem Publikum offen und schließen denselben bei eintretender Dunkelheit, nachdem das Zeichen mit der Glocke gegeben worden ist. Sie haben sich dem Publikum gegenüber höflich und gefällig zu benehmen, andererseits jedoch auch darüber zu wachen, daß die Besucher des Kirchhofs durch anständiges Betragen der Ruhestätte der Todten die gebührende Achtung beweisen. Ungehörigkeiten, wie z. B. Rauchen bei Beerdigungen, Mitbringen von Hunden, Beschädigungen der Anlagen usw.“ mussten sie, wenn sie diese selbst nicht abstellen konnten, dem Magistrat melden. Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Cmentarz Opole, ul. Wrocławska 1901 wurde auf dem Oppelner Stadtfriedhof – nun per Polizeiverordnung! – erneut das Rauchen, „Schreien, Lärmen, Werfen mit Steinen, störende Spiele“ sowie „unanständiges Betragen“, „Reiten und Viehtreiben und das Mitbringen von Hunden“ bei Androhung einer Strafe von bis zu 30 Mark oder Haft verboten – offenbar war dies also bis dahin immer wieder vorgekommen…

In der erneuerten Friedhofsordnung von 1878 unterschied man neben den Einzelgrabstellen in Reihen solche mit Gruften, wie weitervererbbare Erbbegräbnisse, und Familienerbbegräbnisse für Eltern und deren minderjährige Kinder. Weiterhin gab es noch ausgemauerte Zweipersonengräber.

Erst 1889 nach erneuter Erweiterung des Friedhofs erhielten die Totengräber mit dem „Kirchhofs-Aufseher“ einen unmittelbaren Vorgesetzten vor Ort. Dieser hatte direkt am Friedhof „freie Wohnung im Leichenhause mit Benutzung der Stallung hier für (2 Stück Rindvieh und 2) Schweine“. Sein Jahresgehalt betrug damals 600 Mark, Anfang der 1890er Jahre 750 Mark. Im Haushaltsjahr 1892/93 zahlten der Friedhofsaufseher Piechulek sowie die Totengräber Mixa und Bönisch „für die Rasennutzung von der Plane“, die unmittelbar westlich an den Friedhof angrenzte und damals ein beliebter Abenteuerspielplatz für Kinder war (Niekrawietz), jeweils 4 Mark.

1910 wandte sich der „Verband der Friedhofsbeamten Deutschlands“ an das preußische Ministerium, um den als rufschädigend empfundenen Begriff „Totengräber“ durch einen „zeitgemäßen“ zu ersetzen, wie das in anderen Orten zuvor bereits üblich geworden war. So erschienen dann auch in der Oppelner Friedhofsordnung von 1912 erstmals offiziell die Bezeichnung „Friedhofsinspektor“ und statt der noch 1896 erwähnten „Todtengräber“ nun die ihm untergeordneten „Friedhofsaufseher“.

Im Juni 1912 berichtete der „Oberschlesischer Anzeiger“, dass sich in Oppeln viel Widerspruch geregt habe, weil der Magistrat in der neuen Friedhofsordnung einen Paragraphen geschaffen habe, „der das Eigentumsrecht der Stadt an den Gräbern und ihren Einrichtungen proklamierte“ und die Stadt somit nach Ablauf der Ruhezeit „die freie Verfügung über diese Anlagen“ erhalte, wenn sich kein Berechtigter melde. Doch auch zuvor war vermutlich schon in ähnlicher Weise – nur ohne ausdrückliche Verordnung – verfahren worden. 1929 galt nach erfolgtem „Aufruf“ des Erlöschens der Ruhezeit eines Reihengrabes die Frist eines Jahres, innerhalb der es der Familie erlaubt war, Grabdenkmäler selbst abzuholen.

1923 hieß der Vorsitzende der Friedhofsdeputation „Friedhofsdezernent“. 1926 leitete das „unbesoldete Magistratsmitglied“ Dr. Lange das Dezernat der „Garten- und Friedhofsverwaltung“, deren Mitglied er schon seit 1896 war.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Seit 1929 durften der Magistrat bei wichtigen Bauvorhaben – wie dem der Oderbrücke – anordnen, Gräber umzubetten, wofür dann aber an anderer Stelle des Friedhofs  für einen entsprechenden Ersatz zu sorgen war – so geschehen etwa bei der Umlegung des Erbbegräbnisses der Familien der Pfefferküchler Nerger und Slowig, das sich bis heute erhalten hat.

 


Hauptquellen:

Verwaltungsbericht der Stadtgemeinde Oppeln für die Zeit vom 1. April 1911 bis 31. März 1923, Oppeln 1926, S. 303-306.

Amtsblätter der (Königlichen) Regierung in Oppeln 1813 bis 1931, hier: 1835.

APOP, Abt. 22, Sign. 2778 (Grabstellengelder 1844-1867).

Friedhofsordnungen der Stadt Oppeln von 1875, 1878, 1896, 1912 u. 1929 (mit Ergänzungen), in: APOP, Rejencja Opolska, wydział II-956 u. APOP Rej. Op., wydz. II-792.

Ein gemeinsamer letzter irdischer Ruheort für Katholische und Evangelische

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Nach den langen Jahren der Herrschaft der katholischen österreichischen Landesherren in Schlesien und der von ihnen dort durchgeführten Gegenreformation war die Stadt Oppeln zu Beginn der preußischen Herrschaft fast rein katholisch. 1741 soll nach Triest (S. 56) nur noch ein Evangelischer in Oppeln gelebt haben. Durch das begünstigende Wohlwollen der neuen preußischen Herrschaft für die ev. Konfession waren 1783 in Oppeln von 2.779 Einwohnern 2.393 katholisch (86,1 %), bereits 351 evangelisch (12,6 %) und 35 jüdisch (1,3 %). Und 1861 lebten nach Triest in Oppeln 9.608 Menschen, davon waren 6.800 kath. (71 %), 2.218 ev. (23 %) und 590 jüd. (6 %).



Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Doch auch im Juni 1813, als sich das „Kirchen-Collegium“ der evangelischen Gemeinde auf Anfrage des Magistrats für einen gemeinschaftlichen Friedhof mit der Katholiken aussprach, war ihre Kopfzahl noch gering und nur kurz zuvor war ihr nach der Säkularisation im Jahr 1811 die ehemalige Minoritenkirche als erste Oppelner Pfarrkirche übertragen worden. Für die kath. Gemeinde schlug der Magistrat vor die städtische „Schul-Deputation“ unter Leitung Pfarrer Pauls über die Angelegenheit eines Friedhofs für beide Konfessionen entscheiden zu lassen. Paul äußerte sich jedoch dahingehend, dass auch für seine Gemeinde wie auf der ev. Seite ein Kollegium entscheiden solle – er persönlich sei jedoch im Übrigen für einen solchen „gemeinschaftlichen Kirchhof.“ Die auf Pauls Anraten anschließend befragten katholischen Gemeindevertreter schlossen sich seiner Meinung an. So konnte am 19. Dezember 1813 auf dem neuen „Kirchhof vor dem Oderthore“ jenseits der Oder eine „feyerliche Uebernahme dieses Platzes“ durch die beiden Stadtpfarrer, den katholischen Franz Paul, und den evangelischen, Ernst Siegismund Liers(z) (1766-1838) erfolgen.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Dieser die Annäherung beider Konfessionen fördernde Schritt war natürlich im Interesse der preußischen Regierung, die 1816 in der Provinzhauptstadt Schlesiens Breslau in gleichem Sinne ein gemeinsames „Consistorium“ beider Konfessionen für Schul- und geistliche Sachen begründete. Die Anlage dieses gemeinsamen Friedhofs für beide Konfessionen in Oppeln schon im Jahr 1813 geschah zu einem äußerst frühen Zeitpunkt, da sich selbst der preußische König erst 1820 öffentlich positiv über „das Einsegnen gemeinschaftlicher Begräbniß-Plätze für alle christlichen Confessionen“ äußerte und das „Königliche Ober-Präsidium für die Provinz Schlesien“ erst im März 1821 offiziell anempfahl dieser Ansicht des Monarchen, die „mit dem Geiste des Christentums übereinstimme“, allgemein nachzueifern.

Friedhöfe, wo Angehörige beider Konfessionen beerdigt wurden, hatte es in Schlesien zwar schon mindestens seit dem 17. Jh. gegeben (z. B. den Heilig-Geist-Friedhof in Hirschberg), doch gehörten diese dann einer Pfarrei an und nicht selten hatten die Angehörigen der anderen Konfession bei dortigen Beerdigungen mit Beeinträchtigungen und höheren Stolgebühren zu rechnen und wahrscheinlich gab es auch nur nach Konfessionen getrennte Grabfelder. Auch in Liegnitz wurde im Sinne des preußischen Königs erst im Frühjahr 1821 beschlossen einen „beiden Konfessionen gemeinschaftlichen Begräbnißplatz“ einzurichten, wo gelten sollte: Es „geschieht in jedem Feld das Begraben in der Reihen-Folge, und macht dabei weder Stand noch Religion einen Unterschied...“ (Neue Breslauer Zeitung, 1821, 1-6, S. 594). Und selbst in der Hauptstadt Breslau zählte der Schriftsteller Nösselt noch 1833 nur getrenntkonfessionelle neuangelegte Friedhöfe auf, die nach preußischem Gesetz allesamt vor den Stadttoren lagen. Sehr wahrscheinlich wurden die verstorbenen Oppelner Bürger aber auf dem neuen Friedhof, so wie es für Liegnitz 1821 ausdrücklich bezeugt ist, schon von 1813 an auch nur nach zeitlicher Abfolge ihrer Todeszeitpunkte, jedoch unabhängig von ihrer Konfession nebeneinander bestattet, denn schon 1835 verordnete die Regierung von Oppeln für ihren gesamten Bezirk, es sollten fortan alle Verstorbenen „ohne Unterschied des Standes nach der Reihe begraben werden“. Eine Anordnung des Oppelner Magistrats unter Bürgermeister Goretzki aus dem Jahre 1845 wiederholte die Anordnung: „Bei der Anweisung der Grabstellen und der Erbbegräbnißplätze darf von der einmal bestimmten Reihenfolge unter keiner Bedingung abgewichen werden.“ Und auch in der ersten Oppelner Kirchenordnung vom 18. Dez. 1875 hieß es: „Die Grabstätten werden in einer fortlaufenden Rei Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Cmentarz Opole, ul. Wrocławska henfolge angelegt und Niemand darf außer der Reihe begraben werden“ Dieser Passus wurde in den folgenden Friedhofsordnungen beibehalten, so auch 1912, wo es zusätzlich hieß, dass niemand „Anspruch auf einen bestimmten Platz“ habe. Doch erst in der Friedhofsordnung von 1929 wurde nun ausdrücklich hinzugefügt, dass die Beerdigungen „ohne Rücksicht auf konfessionelle Zugehörigkeit“ zu erfolgen hätten, was in der Neustädter/OS Ordnung schon 1897 in fast identischem Wortlaut Eingang gefunden hatte. Vielleicht ist dies ein Hinweis darauf, dass in Oppeln zuvor doch hin und wieder Ausnahmen möglich gewesen waren...

Jedenfalls scheint die bestehende Regelung über viele Jahrzehnte hinweg recht geräuschlos funktioniert zu haben – doch als der neue Oppelner Kommunalfriedhof in Halbendorf Anfang 1931 bereits kurz vor der Einweihung stand, beschloss die Oppelner Stadtverordnetenversammlung nun noch plötzlich in den letzten Märztagen 1931 „eine konfessionelle Trennung“ der dortigen Reihengräber. Vermutlich war dies geschehen, da „die beiden kath. Kirchengemeinden den Wunsch auesserten, für sich getrennte Friedhöfe zu besitzen“ – jedoch ohne dies ausdrücklich zu fordern, wie es die ev. Gemeindevertretung berichtete. Die ev. Gemeinde drängte nun aber ihrerseits „im Interesse der Erhaltung gemeinsamen friedlichen Zusammenlebens“ einstimmig auf die Beibehaltung „des bisher durch viele Jahrzehnte bewährten Zustandes“ der Beerdigungen in Reihenfolge ohne Rücksicht auf die Konfession und bat den Regierungspräsidenten und Magistrat darauf hinzuwirken den Entschluss der Stadträte zurückzunehmen, denn durch die alte, „vorbildliche weise Regelung“ der „Väter der Bürgerschaft Oppeln“ seien bei der gemeinsamen Friedhofsverwaltung bislang immer alle „Streitigkeiten“ vermieden worden. Eine solche Trennung erzeuge dagegen auf dem neuen Stadtfriedhof möglicherweise „einen Kampfzustand, der dorthin am wenigsten gehört“. Dies sei besonders bei der Frage der Beerdigung von Familienmitgliedern aus Mischehen zu befürchten, wenn die Hinterbliebenen so gezwungen würden, sich für eines der konfessionell abgegrenzten Grabfelder entscheiden zu müssen (APOP, Rej. Op., wydz. II-956, S. 416-419).

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Mit dem Jahr 1945 setzte in Oppeln ein bedeutender Bevölkerungsaustausch ein. Es wird geschätzt, dass 1946 nur noch etwa 25 % der ehemaligen Stadtbewohner geblieben waren. Der übrige Teil der hier neuangesiedelten Personen waren Zuzügler aus den so genannten „Kresy Wchodnie“, denjenigen Gebieten, die Polen 1945 verloren hatte, oder aus anderen Regionen Polens. Im Zusammenhang damit veränderte sich auch das Zahlenverhältnis zwischen den Konfessionen. Die ev. Gemeinde, die in Oppeln von jeher viel kleiner war als die katholische, verlor im Grunde genommen völlig ihre Bedeutung. Nach einer offiziellen Statistik vom 31. März 1946 betrug die Gesamtzahl der Einwohner Oppelns an diesen Tag 33.148 Einwohner, von diesen waren 98 % (32.558) katholisch. Evangelische gab es damals nur 250, knapp 0,8 %. Es ist sehr schwierig festzustellen wie sich die Verhältnisse im späteren Zeitraum entwickelten, da es die Stadtbehörden aufgrund der neuen politischen Ausrichtung aufgaben Personendaten über Bekenntnisse zu erheben. Man kann jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit annehmen, dass das starke Übergewicht der Mitglieder der katholischen Kirche von über 99 % erhalten blieb, so dass auch die Begräbnisgewohnheiten anderer Konfessionen im polnischen Opole im ohnehin nun laizistischem Staat öffentlich praktisch keine Rolle mehr spielten.

 

Hauptquellen:

Friedhofsakten u. Friedhofsordnungen der Stadt Oppeln von 1875, 1878, 1896, 1912 u. 1929 (mit Ergänzungen), in: APOP, Rejencja Opolska, wydział II-956 u. APOP Rej. Op., wydz. II-792.

APOP Abt. 22, Sign. 4898 (Friedhofsakten, 1810-1862).

APOP, Abt. 185 (Zarząd miasta Opola).

Amtsblätter der (Königlichen) Regierung in Oppeln 1813 bis 1931, hier: 1821, S. 96.

Friedrich August Nösselt, Breslau und dessen Umgebungen: Beschreibung alles Wissenswürdigsten für Einheimische und Freunde, Breslau 1833, S. 142-144.

Felix Triest, Topographisches Handbuch von Oberschlesien, Breslau 1865, Bd. 1, S. 54-56.

Der Tod, ein steter Nachbar der Lebenden – Seuchen und Hygienevorschriften von 1813-1931

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Es waren die neuen preußischen Hygienevorschriften vom Ende des 18. Jhs., die den Anstoß zur Anlegung eines neuen Oppelner Friedhofs gegeben haben. Das Allgemeine Preußische Landrecht (ALR) hatte schon 1794 verordnet: „In den Kirchen und bewohnten Gegenden der Städte sollen keine Leichen beerdigt werden.“ Doch noch im Mai 1810 zeigte der „Creis-Phisicus“ Dr. Moritz seiner vorgesetzten Behörde an, dass die Oppelner Kirchhöfe nach wie vor innerhalb der Stadtmauern zu finden seien. Die „Polizey-Deputation der Königlich Preußischen Regierung“ ordnete daraufhin an diesem aus hygienischen Gründen unhaltbaren Zustand nun endlich durch die Anlage eines neuen Friedhofs vor den Stadtmauern Abhilfe zu schaffen. Also wurden Dr. Moritz, der Oppelner Stadtphysicus Dr. Dziatzko sowie der Kriegs- und Steuerrat Schüler (aus Neustadt/OS) beauftragt einen neuen Platz zu finden. Doch ging die Suche nur mühsam voran. Über mehr als drei Jahre hatte sie sich schon dahingeschleppt, als im Dezember 1813 in den überfüllten preußischen und russischen Lazaretten der Opfer der napoleonischen „Befreiungskriege“ in Oppeln Typhus und Nervenfieber ausbrachen und sich auch in der Stadt ausbreiteten, so dass die Verstorbenen dringlich schnellstens beerdigt werden mussten. Auf diese Weise fand die langwierige Suche nach einem geeigneten Platz mit der Anlage des neuen „Kirchhofs vor dem Oderthore“ unverhofft ein abruptes Ende.



Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Im Seuchenfall war schon nach dem ALR von 1794 die Beerdigung im Sterbeort ausnahmslos verpflichtend gewesen. Hier hieß es: „Ist der Todte an einer ansteckenden Krankheit verstorben; so, daß durch Wegbringung der Leiche die Ansteckung verbreitet werden könnte: so muß die Leiche schlechterdings, und ohne Unterschied der Fälle, da, wo sie ist, beerdigt werden.“ Auch „Zusammenkünfte des Leichengefolges in den Sterbewohnungen“ waren in solchen Fällen verboten. 1835 verordnete die Oppelner Regierung für Seuchenopfer weitere Sondermaßnahmen: „Die Leichname der in Privatwohnungen an ansteckenden Krankheiten Gestorbenen sind, sobald die ärztliche Anerkennung des wirklich erfolgten Todes stattgefunden hat, in besondere möglichst isolierte Räume zu bringen, und bis zur Beerdigung nach Vorschrift der Desinfections-Instruction zu behandeln. Die Beerdigung derselben darf vor Ablauf der allgemeinen gesetzlich bestimmten Frist nur dann erfolgen, wenn der Arzt die dringende Nothwendigkeit der früheren Beerdigung bescheinigt.“

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Offenbar wurde diese Anordnung im Oppelner Land aber nur nachlässig beherzigt. So musste die Oppelner Regierung am 20. März 1848 – über 50 Jahre nach erstmaliger Verordnung – wiederholen, dass Seuchenopfer „ohne Unterschied der Religion auf der gewöhnlichen Begräbniß-Stätte desjenigen Ortes, wo sich die Leiche befindet, beerdigt werden“ müssen. Zuvor war es hier vorgekommen, dass selbst an „Nervenfieber“ bzw. Typhus Verstorbene noch zu anderen Friedhöfen gebracht worden waren. Vermutlich waren vor allem Konfessionsfragen dafür die Hauptursache gewesen, wenn – entweder Pfarramt, Hinterbliebene oder auch beide Seiten – der Beerdigung eines Verstorbenen auf dem Friedhof des anderen Bekenntnisses nicht zustimmen wollten. In ganz Schlesien finden sich ähnliche Beispiele für solche Fälle.

Die Isolierung von Seuchenopfern war damals ein Problem. Auf dem Oppelner Stadtfriedhof bestand zwar seit mindestens 1866 eine kleine „Todtenkammer“, doch war diese viel zu klein, um im Seuchenfall eine größere Zahl Verstorbener aufnehmen zu können. Diese mussten dann entweder, wie beschrieben, isoliert im Sterbehaus verbleiben oder vorzeitig begraben werden. Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Cmentarz Opole, ul. Wrocławska 1866 starben in Oppeln vom 14. Juli bis zum 15. November 207 Menschen an der Cholera, also durchschnittlich etwa zwei pro Tag (Czapliński, S. 178).

Anordnungen zum Schutz vor Ansteckungen in Epidemiezeiten wurden in Oppeln aber offenbar auch weiterhin nur sehr nachlässig befolgt und so mussten sie – fast einhundert Jahre nach ihrer ersten Verkündung – im Oppelner Stadtblatt vom 2. Mai 1890 erneut wiederholt werden. Hier heißt es: „Die Ausstellung von Leichen von Personen, welche an ansteckenden Krankheiten, nämlich: Cholera, Ruhr, Masern, Rötheln, Scharlach, Diphterie, Genickstarre, Pocken, Flecktyphus, Rückfallfieber, Unterleibstyphus und Keuchhusten verstorben sind, in dem Sterbehause, in Kirchen, auf Straßen, öffentlichen und anderen freien, zur Beerdigung nicht bestimmten Plätzen, ist verboten.“ – Und weiter: „In gleicher Weise auch die Ansammlung des Trauergefolges im Leichenhause, sowie die Abhaltung des sogenannten Leichenschmauses in demselben.“

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Erst die neue Leichenhalle von 1889 mit 8 Kammern ermöglichte es die Verstorbenen schon bald nach ihrem Ableben aus ihrem Sterbehaus abzuholen, was eben dann besonders geboten war, wenn sie Opfer einer ansteckenden Krankheit geworden waren. Um 1915 wurde das „Sezierzimmer“, welches sich zunächst im angrenzenden Inspektorenhaus befunden hatte, wohl ebenfalls aus Hygienegründen von dort zunächst provisorisch in die Leichenhalle verlegt und die alte Räumlichkeit später als Büro genutzt. In Seuchenfall galten auch auf dem Friedhofsgelände besondere Vorschriften, so hieß es in Ergänzungen zur Friedhofsordnung von 1929: „Die Leichen der an ansteckenden Krankheiten verstorbenen [...] Personen sind in fest verschlossen[en] Särgen in den dazu bestimmten Leichenkammern Cmentarz Opole, ul. Wrocławska aufzustellen und dürfen seitens der Angehörigen nicht mehr geöffnet werden. In die Kapelle dürfen die Leichen nur in fest verschlossenen Särgen überführt werden.“

Schließlich stand es um die Erledigung von dringenden Bedürfnissen der Friedhofsbesucher auf dem Oderfriedhof nicht gerade gut. Neben dem „alten Leichenhaus“ befand sich eine Abortanlage, die noch 1926 als „dürftig und unzureichend“ beschrieben wurde.

 

Hauptquellen:

APOP Abt. 22, Sign. 4898 (Friedhofssachen, 1810-1862).

APOP Abt. 22, Sign. 2778 (Grabstellengelder).

Friedhofsordnung der Stadt Oppeln von 1929 (mit Erg.), in: APOP, Rejencja Opolska, wydział II-792.

Stadt Oppeln (Hg.), Oppelner Bürgerbuch. Sammlung der Verordnungen, Vorschriften, Tarife undanderen Abordnungen der Stadtverwaltung Oppeln, Oppeln 1904.

Verwaltungsbericht der Stadtgemeinde Oppeln für die Zeit vom 1. April 1911 bis 31. März 1923, Oppeln 1926, S. 303-306.

Amtsblätter der (Königlichen) Regierung in Oppeln 1813 bis 1931, hier: 1835.

Paweł Marek Czapliński, Epidemie cholery w Rejencji Opolskiej w latach 1831-1894, Rybnik 2012, S. 178 u. 240.

Unruhige Nachbarschaft – Das Schützenhaus und die unberechenbare Oder...

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Lange schon vor Anlage des neuen Friedhofs 1813 befanden sich Schützenhaus und Schießstände der Oppelner Bürgerschaft an der verkehrsreichen Kreuzung von der über Schurgast und Brieg nach Breslau führenden Chaussee mit der nach Oberglogau bzw. über Halbendorf nach Falkenberg führenden Straße. Im Jahre 1835 feierte „die uralte Schützengesellschaft“ – in Nachfolge der 1435 erwähnten Oppelner Bogenschützenbruderschaft (Idzikowski, S. 120) – bereits ihr 400-jähriges Jubiläum. Wahrscheinlich wurde schon von alters her hier auf den Wiesen links der Oder vor dem Odertor geübt. Auf der Karte Daniel Petzolds von 1734 erscheint hier bereits ein am „Breslauer Weg“ gelegenes „Schiess-Haus“ und auf der Karte von Sebastian von Dorn aus dem Jahr 1784 ist bereits ein „Neues Schießhaus“ eingezeichnet. 1804 wird es als „das bürgerliche Schießhaus“ bezeichnet.

Als Ende 1813 in den russischen und preußischen Lazaretten Oppelns der Typhus ausbrach, konnte man mit der Anlage des neuen Friedhofs nicht mehr länger warten. Trotz Überschwemmungsgefahr, des Verkehrslärms und der unmittelbaren Nachbarschaft des Schützenhauses entschied man sich mangels Alternativen notgedrungen für seine Anlage Cmentarz Opole, ul. Wrocławska an der Breslauer Straße. Doch schon 1816 machte sich der Magistrat wegen der dortigen Ruhestörungen über eine neuerliche Verlegung des Friedhofs Gedanken: „Denn geht man von der Grundsache aus, daß ein Kirchhof der letzte Ruhe Ort aller derjenigen sey, die uns lieb und theuer waren, wird erwogen, daß oft der kleine Grabeshügel unser ganzes Lebensglück einschließt… […] Zwischen zwey Landstraßen, die immer befahren werden, belegen, findet sich aber wohl selten eine Tages Runde, wo ein gefühlvolles Herz seinen Empfindungen ungestört freien Lauf lassen könnte, und bedenkt man die Vergnügungen im Schützenhause, so müssen solche jeden Leidtragenden empören, denn der Jubel und das Getöse der Geigen und Pfeifen machen einen zu großen Contrast mit dem Wehklagen, Jammern der Wittwen und Weisen.“

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Auch die Königliche Regierung forderte den Oppelner Magistrat auf einen neuen „Begräbnißplatz“ oder – wenn dieser nicht zu finden sei – „einen andern Schießplatz, der ohnehin zu nahe an der Straße liege“, auszuweisen – dies zumal das Schützenhaus ohnehin baufällig sei. Die Schützengesellschaft, welche ganz andere Pläne verfolgte, stellte dies jedoch umgehend und vehement in Abrede: Ihr Schützenhaus sei „ganz massiv und der Tanzsaal ließe sich mit einigen Kosten wiederherstellen“, daher sollte ihre Lokalität vielmehr bald „in einer modernen und gefälligen Form erweitert werden“, um so „ein öffentliches Coffée Haus und Vergnügungs-Ort für das gebildete Publikum“ zu werden. Schließlich erklärte sich der Magistrat, dem eine neuerliche Suche leid war, bereit am bestehenden Platz des Friedhofs festzuhalten und ihn lediglich zu „Seiten des Schießhauses ordentlich einzuzäunen und mit schnell wachsenden Bäumen bepflanzen zu wollen“.

In der Tat lag die Schussbahn der Schützen aber unmittelbar hinter der westlichen Friedhofsmauer und so hielten die Probleme an (siehe Karten). Am 16. November 1817 beschwerte sich ein Oppelner Bürger: „Als […] die irdischen Ueberreste meiner theuren Mutter in die Erde versenkt wurden und der Prediger einige Worte der Erbauung sprach, ward die schickliche Stille durch Musik und bacchanalien Jubel vom Schießhaus her tönend unterbrochen. Der grelle Kontrast machte einen schneidenden Eindruck.“ – Doch „Schießhaus“ und Friedhof, welcher 1818/19 nur „mit massiven Pfeilern und mit Staketen eingefriedigt“ wurde, verblieben auch die nächsten Jahrzehnten über genau dort, wo sie waren – und somit in schwieriger Nachbarschaft. Idzikowski bezeugt, dass u. a. „Handwerker und Gesellen“ auch noch in den 1850er und 1860er Jahren das Schießhaus neben anderen Lokalen „zu ihrem Vergnügen“ frequentierten.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Und sogar noch im 20. Jahrhundert setzten sich derartige die Friedhofsruhe störende Feierlichkeiten fort. Szymon Koszyk, der 1891 in der Odervorstadt (Zaodrze) geboren wurde, berichtet ebenfalls über die lärmenden Vergnügungen, die sich im Schützenhaus und seiner Umgebung abspielten: „Hier gab es über Jahrhunderte hinweg die verschiedensten Volksfeste. Zu Pfingsten zogen die Bürger Oppelns mit ihren Familien zu einer großen Vergnügungsveranstaltung, die als das größte Volksfest für alle Bürger der Stadt angesehen wurde, hierher. Der Platz war dann gefüllt von Karussellen, Schaukeln, Tischen mit Glücksspielen, Schießbuden, Berg-und Tal-Bahnen, Spiegel- und Wachsfigurenkabinetten. Überall waren Verkaufsstände für Würste, Gebäck, Süßigkeiten und Obst. Zahlreiche Trödler verkauften bunte Luftballons, Rohrpfeifen, Rasseln und andere Spielsachen. Und tausende Zuschauer umringten den Platz, wo reisende Künstler ihre Vorführungen darboten… Am Sonntag nach Pfingsten warfen die Mitglieder des Schützenvereins Pfefferkuchen aus den Fenstern des Schützenhauses, vor dem sich die ganze Kinderschaft versammelt hatte. Dies führte jedes Mal zu wahren Prügeleien… Fast an jedem Sonntag oder Feiertag fanden im Saal des Schützenhauses Tanzvergnügungen statt. Dabei überwog unter den Tanzlustigen die Jugend aus der Odervorstadt. […] Und in den späten Abendstunden kam es im Tanzsaal oft zu Prügeleien.“

Doch nicht nur solcher Lärm machte sich störend bemerkbar, auch die öffentliche Sicherheit war gefährdet. Schon 1824 sollte daher die hinter der „Scheibenstätte“ gelegene „Prellwand“ beim Schützenhaus an den Flügelwänden um 1 Fuß und an der Mittelwand um 2 Fuß erhöht werden, um wenigstens die Sicherheit von Passanten und Friedhofsbesuchern zu erhöhen – doch das Problem blieb bestehen. Cmentarz Opole, ul. Wrocławska 1869 griff sogar die „Schlesische Zeitung“ aus Breslau dieses leidige Oppelner Dauerthema wieder auf und schrieb: „… hinter dem Scheibenstand mit der Kugel-Fangmauer und dem Kirchhof vermittelt ein ziemlich hoher über eine Aue führender Deich für Fußgänger eine Communication zwischen der Falkenberger Straße und der Oppeln-Breslauer Staatschaussee.“ Es sei geradezu ein Wunder, dass noch niemand auf dem Damm von einer Kugel getroffen worden sei. Es gehöre aber zur Tagesordnung, dass die Pferde der vorbeifahrenden Wagen durch den Knall der Gewehre erschreckt scheuten und durchgingen. „Wenn auch während der Beerdigungen das Schießen eingestellt wird, so giebt es ja doch außerdem Zeiten, wo Leidtragende den Wunsch eines ungestörten Aufenthalts bei den Gräbern ihrer Lieben hegen, der ihnen an den gedachten Tagen nicht erfüllt wird.“

Wohl auch wegen des rasant ansteigenden Verkehrsaufkommens verlangte die Oppelner Regierung so 1871 aus Sicherheitsgründen erneut eine Verlegung des Schützenhauses – welche Angelegenheit aber wiederum im Sande verlief… Es sollte noch bis Oktober 1925 dauern, als endlich ein neues Schützenhaus an der Rosenberger Straße eingeweiht werden konnte, doch nun wurde nach nur sechs weiteren Jahren auch die Anlage neuer Gräber auf dem Oderfriedhof eingestellt. Das alte Schützenhaus trat noch ein letztes Mal öffentlich in größere Erscheinung, als hier m 21. Januar 1930 der „Verein zum Schutze gegen den Faschismus (Arbeiterwehr Odervorstadt)“ gegründet wurde (Minczakiewicz, S. 153). Dann war diese leidige Nachbarschaft nach mehr als 117 Jahren seit April 1931 ein Teil der Oppelner Stadtgeschichte.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Das zweite große dem Friedhof zusetzende Problem war die immer drohende Überschwemmungsgefahr. Schon 1816 war so beschlossen worden zum Schutz des Friedhofs und des Schützenhauses vor Hochwasser eine Schleuse zu errichten. Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Die befürchteten Oderfluten ließen nicht lange auf sich warten, Idzikowski verzeichnete solche für die Jahre 1826, 1830 und 1831. Wohl schon damals, spätestens aber im Juni 1841, wurde auch der städtische Friedhof überschwemmt, was der Magistrat lakonisch kommentierte: „Obgleich den Leichen, unserer der Grabesruhe anvertrauten Lieben, jede Lage an und für sich gleich bleibt, so erzeugt doch die Art und Weise der diesfälligen Ruhe und Lage in den Herzen der überlebenden Familien-Glieder nach Umständen, theils ein beruhigend wehmüthiges, theils aber auch ein bitteres und schmerzliches Gefühl.“ Es sollte daher „von der Breslauer nach der Falkenberger Chaussée“ ein Damm errichtet werden, wozu man im Stadtblatt besonders bei den Besitzern von Erbbegräbnissen um finanzielle Unterstützung warb. Doch letztlich passierte vorerst nichts und im Frühjahr 1845 kam eine erneute Oderflut mit Überschwemmung. Eine Bürgerpetition forderte nun die Stadtverordneten auf „in dieser dringenden Angelegenheit“ schnellstens etwas zu unternehmen, während ein anderer Bürger unter dem Eindruck des Bildes überschwemmter Gräber den Antrag stellte auf dem 1831 angelegten „Cholera-Friedhof“ ein Familiengrab erwerben zu dürfen, wo er für sich und die Seinen verhoffe, „einst trocken ruhen zu können.“

Im Sommer 1847 erfolgten zwar schließlich die Arbeiten für den Dammbau vor dem Friedhof, doch schon im Spätsommer 1854 war erneut eine große „Wassersnoth“ in Schlesien zu beklagen – und es sollte nicht die letzte sein. Auch 1876 hieß es wieder „Land unter“ in der Odervorstadt, was auf Fotografien der Brüder Katzenbach verewigt wurde. 1891 stand das Oderhochwasser nach Angabe des Kirchhofverwalters Piechulek einen Meter hoch auf dem Friedhof, so dass er mit seiner Familie sein Verwalterhaus verlassen und in einem Hotel leben musste. Bei Todesfällen während eines solchen Hochwassers musste auf dem Cholerafriedhof oder auf dem Friedhof in Sakrau beerdigt werden.

Die Oderdämme in Friedhofsnähe wurden zwar erweitert, dort hielten sie den Oderfluten von 1902 und 1903 nicht stand, brachen und wiederum stand die ganze Odervorstadt – und mit ihr der Friedhof – unter Wasser. 1915 gab es wieder Hochwasser und 1930 stand nach der Oderflut auf dem städtischen Friedhof in Oppeln das Grundwasser noch über eine Woche in 80 cm Bodentiefe, so dass nicht beerdigt werden konnte. Etwa 7 bis 8 Verstorbene waren so „in der Friedhofskapelle vorläufig beigesetzt"“ worden, da die Stadt keine anderen Bestattungsmöglichkeiten zur Verfügung stellte, obwohl es hieß, dass der Halbendorfer Friedhof, „soweit es die Grabstellen betrifft, fertig ist.“ Doch das Problem des oftmals hohen Wasserstandes auf dem Friedhof war kaum zu regeln. Bei Überschwemmungen der westlich des Friedhofs gelegenen „Plane“ stieg im Friedhof regelmäßig das Grundwasser an. Andererseits musste aber 1922 der Friedhofsbrunnen vertieft werden, da er in trockenen Sommern versiegte.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Die nahe Nachbarschaft des Friedhofs zur Oder macht sich nicht nur in der Zeit seines Nutzung, sondern noch nach seiner Schließung bemerkbar. Die Überflutung vom 10. Juli 1997 richtete dort gewaltige Schäden an. Das gesamte Gelände des Friedhofs – so wie fast die ganze Odervorstadt – wurde damals in Höhe einiger Meter überflutet, wobei dieser hohe Wasserstand über einige Tage hinweg anhielt. Diese „Jahrtausendflut“ richtete nicht wieder zu behebende Schäden der historischen Friedhofsanlage an.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska

Hauptquellen:

APOP Rejencja Opolska, wydział II, Sign. 956 (Begräbnisplatz Oppeln, 1816-1934).

APOP Abt. 22, Sign. 4898 (Friedhof, Akten 1810-1862).

APOP Abt. 22, Sign. 3197 (Oderdamm für Friedhof und Schützenhaus, 1833).

APOP Abt. 22, Sign. 3198 (Oderdamm für Friedhof, Akten 1841-1847).

APOP Abt. 22, Sign. 2778 (Grabstellengelder, Akten 1844-1867).

APOP Abt. 22, Sign. 1369 (Verlegung Schützenhaus, Akten ab 1816) .

APOP Abt. 22, Sign. 3341 (Personalakte „Carl Piechulek”)

Biblioteka Cyfrowa Uniwersytetu Wrocławskiego, Plan der Koenigl. Stadt Oppeln (von Dorn 1784).

Tadeusz Minczakiewicz, Źródla do historii ruchu robotniczego na Śla̧sku Opolskim, t. 1, Katowice 1967.

Verwaltungsbericht der Stadtgemeinde Oppeln für die Zeit vom 1. April 1911 bis 31. März 1923, Oppeln 1926, S. 303-306.

Szymon Koszyk, Z przeszłości Zaodrza [w:] Pamiętniki Opolan, Kraków 1954, s. 40-41.

Geehrt durch das Vaterland – gefallen im Kampf, gestorben in Gefangenschaft oder Diensterfüllung

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Eine besondere Kategorie von Gräbern sind diejenigen von Personen, die posthum eine besondere Ehrung durch Staat und Nation empfingen – wenn diese allerdings auch durch politische Wandel zeitlich oft begrenzt blieb. Aufgrund der turbulenten Geschichte Oppelns im 19. und 20. Jahrhundert ruhen hier die Vertreter unterschiedlichster Charaktere und Ansichten vieler Nationen eng nebeneinander. Die allermeisten ihrer Gräber sind durch die vielfachen politischen Umwälzungen – gewollt oder ungewollt – in Vergessenheit geraten und sollen hier schlicht aus Achtung der menschlichen Würde der Verstorbenen eine kurze Erwähnung finden, wobei ihr Lebenswerk dabei keine Beurteilung finden soll.

Die größte Anzahl der hier öffentlich Geehrten waren – freiwillig oder erzwungen – Akteure oder Opfer einer langen Reihe von Kriegen und politischen Auseinandersetzungen, die sich über den Zeitraum von 1756-1956 erstrecken. Als älteste Überlieferung eines solchen Grabs ist das des Generalleutnants Jakob Friedrich von Holtzendorff (1741-1820) zu nennen. Als junger Soldat hatte er bereits am Siebenjährigen Krieg (1756-1763) teilgenommen. Als Opfer der so genannten „Befreiungskriege“ von Napoleons Vorherschaft ruht hier der 1813 verwundete und später in einem Oppelner Lazarett verstorbene Kavallerie-Major B. C. Freiherr von Schöning (1787-1813). Die beiden nicht erhaltenen Gräber befanden sich im Bereich der Abt. 1-4.

1910 wurde für die Gefallenen des preußisch-österreichischen Kriegs 1866 sehr wahrscheinlich in Abt. 2 ein Denkmal in Form eines Obelisken errichtet. Nach Angaben des Magistrats nahmen damals etwa 10.000 Personen an der feierlichen Einweihung teil. Die Inschrift lautete: „Dem Andenken der hier ruhenden Krieger aus dem Feldzuge von 1866 und zwar gehörten an: 21 der Königl. preußischen Armee, 6 der K. K. österreich-ungarischen Armee und 1 der Königl. sächsischen Armee.“ Auf seiner Rückseite stand: „Errichtet vom Verein zur Erhaltung der Kriegsgräber und Denkmäler vom Jahre 1866 in Böhmen und Schlesien zu Breslau 1910.“ 

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Die sterblichen Überreste namentlich bekannter 19 in Oppeln verstorbener französischer Kriegsgefangener des deutsch-französischen Kriegs 1871 wurden vor der Liquidierung des südlichsten Teils des Friedhofs im Jahr 1959 exhumiert und fanden auf dem neuen Stadtfriedhof in Halbendorf an der „Allee der Verdienten“ ihre neue Ruhestätten. Auch das an diese Kriegsopfer erinnernde, 1920 von ihren Kameraden der „46me Division de Chasseurs Alpins“ gesetzte Denkmal in Form eines Kreuzes auf einem rechteckigen Sockel und einer Inschrift in französischer Sprache (Abt. 2) wurde damals dorthin versetzt und um eine polnisch-französische Inschriftentafel ergänzt [Bild].

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Während des Ersten Weltkriegs legte man in der Nähe der schon bestehenden Soldatengräber im Ostteil des südlichsten Friedhofsabschnitts (Abt. 2), der ansonsten zu dieser Zeit größtenteils unbelegt war, einen Kriegsgräberfriedhof („Kriegerfriedhof“) an. Hier wurden die in Oppelner Lazaretten ihren Leiden erlegenen Soldaten der deutschen und österreichisch-ungarischen Armee sowie die während ihrer hiesigen Internierung verstorbenen Kriegsgefangenen aus Russland, Serbien, Rumänien, Italien und Großbritannien bestattet; nach Kriegsende auch Deutsche, die in den Kämpfen mit polnischen Aufständischen in Oberschlesien umgekommen waren. 1926 ruhten auf diesem Teil des Friedhofs 306 deutsche, 15 österreich-ungarische sowie 84 kriegsgefangene Soldaten anderer Nationen. Auch in der Nachkriegszeit verstorbene Teilnehmer des Ersten Weltkriegs wurden hier später beerdigt – soweit Platz noch vorhanden war. Im Frühjahr 1921 wurden von der preußischen Regierung vor dem Plebiszit auf allen Kriegsgräbern Holzkreuze aufgestellt.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Cmentarz Opole, ul. Wrocławska In der Plebiszitzeit von 1920-1922 wurden in der damaligen Abteilung Nr. 4 des Friedhofs 41 britische Soldaten und zwei Zivilbeamte, die im Rahmen ihrer Dienst für die Interalliierte Militär-Kontrollkommission (IMKK) in Oberschlesien ums Leben gekommen waren, beerdigt. 11 von ihnen wurden auf einen Kriegsgräberfriedhof in Berlin umgebettet.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurden hier auch Soldaten der Roten Armee, die Anfang 1945 in den Kämpfen in Oppeln und Umgebung gefallen waren, begraben. Eine Aufstellung aus dem Jahr 1947 erwähnt 21 solcher Gräber, die mit „hölzernen Grabmälern“ gekennzeichnet waren. Wahrscheinlich wurden die sterblichen Überreste der Toten in der Folge auf den sowjetischen Soldatenfriedhof in del ul. Katowicka überführt. Möglicherweise wurden 1945 auch Soldaten der deutschen Wehrmacht, die in den Kämpfen um Oppeln gefallen waren, auf dem Friedhof beigesetzt.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Cmentarz Opole, ul. Wrocławska In der Nachkriegszeit wurde auf dem Friedhof ein dem Andenken der „Schlesischen Aufständischen” gewidmetes Denkmal errichtet. Es lässt sich kaum sagen, ob es sich hier nur um ein symbolisches Grab handelt oder ob man hier tatsächlich Personen beerdigte, die an den polnischen Aufständen in Oberschlesien von 1919-1921 teilgenommen hatten oder während dieser umgekommen waren.

Auf dem Grabmal der in den „Kämpfen um die Befreiung des Oppelner Schlesiens (Opolszczyzna)“ Gefallenen sind vier Namen 1945 gefallener Soldaten verzeichnet, doch vielleicht befinden sich in dieser Grabstätte Cmentarz Opole, ul. Wrocławska die sterblichen Überreste weiterer Personen.

In beiden Fällen stellte man die Denkmäler an den Achsen einer der nicht sehr langen Seitenalleen, die rechtwinklig zur Hauptalle verlaufen, auf. An der kleinen Seitenallee, die zum Denkmal der in den „Kämpfen um die Befreiung des Oppelner Schlesiens“ Gefallenen führt, befinden sich auch die Gräber von Parteifunktionären des Nachkriegsoppeln. Es ruhen hier neben anderen der jugendliche Aktivist Antoni Paliga (1934-1954), Parteisekretär des Präsidiums des Woiwodschaftsrats des sozialistischen Jugendverbands, Wiktor Gliński (1930-1960) Mitglied desselben oder Władysław Nawrat († 1960), Beamter des Präsidiums des Nationalen Woiwodschaftsrats. Wahrscheinlich waren entlang dieser Allee weitere hohe Parteifunktionäre beigesetzt, deren Gräber man später auf den Halbendorfer Friedhof umbettete.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Der Friedhof an der ul. Wrocławska wurde zudem für geheime Begräbnisse der Opfer des Sicherheitsdiensts (Służba bezpieczeństwa, SB) in der Zeit des Stalinismus genutzt. Von diesen Opfern ist zumindest eine Grabstelle sicher belegt – die von Hieronim Bednarski (1921-1953), genannt „Nawrócony” (Konvertit). Während des Kriegs war er Soldat der „Volksgarde“ (Gwardia Ludowa, GL) und der „Bauernbataillone“ sowie nach dem Krieg Mitglied der „Geheimen Polnischen Armee“, er wurde verhaftet und im Juni 1951 nach dem Urteil eines Militärgerichts in Oppeln am 31. Oktober 1952 zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde am Ort seiner vorherigen Internierung in der Oppelner ul. Sądowa am 29. März 1953 vollstreckt. Danach wurde sein Leichnam sofort abgeholt und ohne Sarg auf dem Friedhof an der ul. Wrocławska begraben. 2006 ermittelte eine Gruppe von Historikern des polnischen „Instituts für Nationales Gedenken“ (Instytut Pamięci Narodowej, IPN) die Begräbnisstelle und ließ eine Exhumierung durchführen, wobei mittels eines DNA-Tests die Identität des Verstorbenen bestätigt werden konnte. Die sterblichen Überreste Hieronim Bednarskis wurden in seinen Geburtsort Rzeszów/Zwięczyca in Kleinpolen umgebettet.

 

Hauptquellen:

Verwaltungsbericht der Stadtgemeinde Oppeln für die Zeit vom 1. April 1911 bis 31. März 1923, Oppeln 1926, S. 303-306.

Verwaltungsbericht des Magistrats der Stadt Oppeln für die Zeit vom 1. April 1906 bis 31. März 1911, Oppeln 1912, S. 188f.

Jim Powrie, „Opole Cemetery, Poland”, in: Terry Heard, Brent Whittam (admin.), website „World War One Cemeteries”, Rubrik: „Miscellaneous Articles; <http://www.ww1cemeteries.com/index.htm Miscellaneous Articles>

150 Jahre Gedenken und Trauer in Oppeln 1813-1963

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Der nüchternen und vor allem auf Verbesserungen der irdischen Zustände im eigenen Land gerichteten Politik der preußischen Könige war jeglicher „Aufwand bei Trauerfällen“ seit jeher ein Dorn im Auge. Friedrich II. hatte schon 1742 für Niederschlesien eine eigene Trauerverordnung veröffentlicht, die übertriebenen Aufwand zum Teil unter drastische Strafen stellte. Am 7. Oktober 1797 erließ der König Friedrich Wilhelm II. noch kurz vor seinem Tode ein „Neues Trauer-Reglement“ für Preußen – und damit auch für Schlesien. Dieses schränkte die Trauerriten stark ein.

Beim Tode von Ehepartnern, Kindern, Eltern, Großeltern oder Schwiegereltern wurde die „Familien-Trauer“ für jedermann auf sechs Wochen beschränkt, davon sollten die ersten 14 Tage „mit der bisher üblich gewesenen tiefen Trauer, die übrigen vier Wochen mit gewöhnlicher schwarzen Kleidung“ begangen werden. Kinder unter 12 Jahren waren davon befreit. Bei einem Todesfall von Onkeln, Tanten, Geschwistern, Schwagern, Schwägerinnen oder Stiefeltern sollten über drei Wochen die Männer bloß einen schwarzen Trauerflor am Arm, die Frauen ein schwarzes Band auf dem Kopf tragen. Beim Tode entfernterer Verwandter oder der Trauer „um Kinder, die vor zurückgelegtem zwölften Jahre sterben“, sollte gar keine schwarze Trauerkleidung angelegt werden. Auch hier konnten bei Zuwiderhandlung erhebliche Strafen von 5 bis 50 Reichstalern drohen, was nahelegt, dass man mit nur widerwilliger Befolgung rechnete.

Allgemeiner Totengedenktag der kath. Kirche mit Fürbitten für das Seelenheil der Toten, besonders der aus der Familie und dem Freundeskreis, war im Untersuchungszeitraum Allerseelen am 2. November. Ludwig Ernst beschrieb Allerseelen in Oberschlesien 1930 wie folgt: „… ein Tag, bestimmt der schmerzlichen und traurig-freundlichen Erinnerung an die Unvergessenen und an die Vergessenen, der Erinnerung derer, deren Namen in ihren Nachkommen erhalten geblieben und fortlebt, aber auch dem Gedächtnis der Namenlosen, der Tag für alle diejenigen, die vor uns dahingegangen durch die dunkle Pforte, von der es kein Zurück gibt, durch die sie alle schritten, seit Menschen den Erdball beleben, und durch die dereinst auch wir schreiten müssen, folgend dem unerbittlichem Zwang des kosmischen Gesetzes vom Kommen, Werden und Vergehen.“

Über die damals in Oberschlesien vorherrschenden Sitten sagte er weiter: „Es ist eine uralte fromme Sitte, am Tage Allerseelen die Gräber der Heimgegangenen mit der letzten Blumen- und Blätterpracht des sterbenden Herbstes zu schmücken, ebenso wie jede Stadt es als Gradmesser ihres Kulturstandards ansieht, einen schön angelegten und gut gepflegten Friedhof zu besitzen. In früheren Zeiten genügte für die Gräber Blumen- und Laubschmuck, erst in neuerer Zeit kam dann der Schmuck mit brennenden Lichtern und farbigen Lämpchen auf. In manchen Gegenden wird das Gräberschmücken an Allerseelen stark übertrieben, ein Zeichen unserer Zeit – während das Jahr über niemand daran denkt.“

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Auf einem der Bilder zu Ernsts Artikel wird deutlich, dass in Oberschlesien die Sitte bestand, die Grabhügel mit Nadelreisern abzudecken. Ernst erinnerte schließlich daran, dass besonders denen im Ersten Weltkrieg oft in grausamer Weise Getöteten am „am Tage aller Seelen“ gedacht werden sollte.

Da man nach evangelischem Glauben durch irdische Handlungen keinen Einfluss mehr auf die allein in göttlicher Gnade stehenden Toten nehmen konnte, zeigte man sich hier mit kirchlichen Handlungen für das Seelenheil zurückhaltend. Darum wurde auch Allerseelen von Evangelischen nicht begangen. Doch wurde auch beim ev. Begräbnis für den Toten „nach altem Brauch eine einmalige Fürbitte“ gesprochen (Frieling). Im Vordergrund standen bei einem Todesfall und dem Totengedenken jedoch die Hoffnung auf die Auferstehung des Verstorbenen sowie den Hinterbliebenen Trost und Mut zuzusprechen.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska König Friedrich Wilhelm III. von Preußen bestimmte 1816 für die evangelische Kirche in Preußen jeweils den letzten Sonntag des Kirchenjahre vor dem 1. Advent zum „allgemeinen Kirchenfest zur Erinnerung an die Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Verstorbenen“ – heute „Totensonntag“ oder „Ewigkeitssonntag“ genannt. Einerseits geschah dies vermutlich im Angedenken an die vielen in den „Befreiungskriegen“ Gefallenen, andererseits wohl auch darum, dass ein solcher Gedenktag im ev. Kirchenjahr bis dahin eben gefehlt hatte und dieser zudem der von der Romantik getragenen Empfindsamkeit und dem mit dieser verbundenen, stärkeren Totengedächtnis entgegenkam.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Auch im nun seit 1945 polnischen Opole wurde im Allgemeinen die Gewohnheit Trauerbekleidung anzulegen beibehalten. Dies traf auf das Begräbnis selbst wie auch den darauf folgenden Zeitraum zu. Die nächsten Angehörigen des Verstorbenen legten schwarze Kleidung an, wobei der Zeitraum der Trauer vom Verwandtschaftsgrad abhing. Traditionell dauerte die Trauerbekleidung bei hinterbliebenen Ehepartnern oder Eltern am längsten – nämlich bis etwa zu einem Jahr. Männer trugen als Zeichen der Trauer oft einen Trauerflor am Ärmel.

Am 1. November, dem kirchlichen Festtag Allerheiligen (Wszystkich Świętych), drängten sich nach alter Gewohnheit wahre Besuchermassen auf den Friedhof, in abgeschwächtem Maße auch am 2. November – an Allerseelen (Zaduszki). Katholiken bestellten an diesen Tagen bei ihren Pfarrern oft so genannte „wypominki”, Erinnerungsgebete und Fürbitten für ihre Verstorbenen in den Kirchen. Diese Sitte war in Oberschlesien auch schon vor 1945 verbreitet. Solche Fürbitten wurden in der polnisch-oberschlesischenen Mundart als „zalecki“ bezeichnet. Die Gläubigen brachten ihren Geistlichen zusammen mit einer Spende Kärtchen, die mit den Vornamen und Namen ihrer Verstorbenen beschrieben waren. Diese las der Pfarrer dann während der Messfeier vor der Gemeinde vor.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Bis zum 1. November bemühte man sich darum die Gräber aufzuräumen, zu säubern und zu schmücken. Dann entzündete man auf oder neben den Gräbern Grablichter und Kerzen. Diese Tradition muss kurz nach Kriegsende höchst lebendig gewesen sein, denn bereits in einer Ausgabe der „Nowiny Opolskie“ von Ende Oktober 1948 – der einzigen damals in Oppeln erscheinenden Zeitung – ließ man einen gesamten Reklameblock unter dem Titel „Na Zaduszki” (Zu Allerseelen) abdrucken. Hier wurden Blumen angeboten – vor allem Chrysanthemen, aber desgleichen auch Kerzen, Grablichter, Krepp- und Seidenpapier.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska In der Zeit der Volksrepublik Polen (PRL) bemühte man sich darum dem Feiertag Allerheiligen einen weltlichen Anstrich zu geben, indem man ihn als „Feiertag für die Verstorbenen“ beging. 1961 schrieb die „Trybuna Opolska” (Oppelner Pressetribüne): „Das Wetter wich nicht von seinen typischen Gewohnheiten zu dieser Jahreszeit ab: Es war kalt und unerträglicher Regen fiel – kurz gesagt ein wirklich grauer Novembertag. Doch trotzdem begannen sich die Straßen Opoles in den frühen Nachmittagsstunden zu bevölkern. Mengen von Menschen machten sich zum Friedhof an der ul. Wrocławska auf. Der Oppelner Friedhof erglühte bald im Schein tausender Kerzen und auf fast jedem Grab lagen frische Blumen. Beim Grabmal des unbekannten Soldaten in der „Allee der Verdienten“ (Alea Zasłużonych) stellten die sich immer nach einer gewissen Zeit abwechselnden Pfadfinder die Ehrenwache.“ – Die Gräber dieser „verdienstvollen” Personen befanden sich unter Obhut des polnischen Staats. In den Berichten des „Zakład Zieleni Miejskiej” (Städtisches Grünflächenamt) aus den frühen 1960er Jahren lesen wir: „… eine der allerwichtigsten Verpflichtungen ist die Pflege und Ausschmückung der Bereiche der Verdienten auf dem Friedhof an der Breslauer Str. und dem Zentralfriedhof in Półwieś [Halbendorf]“.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska

 

Hauptquellen:

Neues Trauerreglement: Carl Ludwig Heinrich Rabe (Hg.), Sammlung Preußischer Gesetze und Verordnungen [...], Bd. 4, S. 291ff.

Ludwig Ernst, Allerseelen, in: Oberschlesien im Bild, Nr. 44, 31. Okt. 1930.

Reinhard Frieling, Katholisch und Evangelisch. Informationen über den Glauben, Göttingen 20079.

Nowiny Opolskie, 31. 10. 1948.

Trybuna Opolska, 2. 11. 1961

APOP, Sign. 228, Abt. 995.

Das Ewige Leben – Glauben und Jenseitsvorstellungen

Bei den Katholischen

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Mit dem Tod wird nach katholischem Glauben die unsterbliche Seele vom sterblichen Körper getrennt. Der Tod eines Menschen ist also nur der Tod seiner sterblichen Hülle und zugleich der Augenblick, in welchem die Seele den Körper verlässt und befreit wird. Unmittelbar nach dem Tod erwartet die Seele jedes Verstorbenen bereits ein so genanntes „Partikulargericht“. Die Seele wird hier erlöst, verdammt oder zur Läuterung verurteilt und kommt je nach Urteilsspruch in den Himmel, die Hölle oder ins (vor allem früher so genannte) „Fegefeuer“.

In den Himmel, den Ort des allerhöchsten Glücks, frei von allen Leiden und erfüllt von der Gegenwart Gottes kommen die Verstorbenen, die ohne Sünden waren. Sie sind hier in einem Zustand heiligender Gnade. Das Fegefeuer ist ein Ort, wo sich die Seelen Verstorbener befinden, die leichte Sünden begangen haben oder die „im irdischen Leben versäumt haben Sünden zu bereuen“. An diesem Ort „leiden sie solange, bis sie der göttlichen Gerechtigkeit gerecht geworden sind“. Die Strafe im Fegefeuer ist eine Beraubung der Möglichkeit Gott zu sehen sowie eine „physische und moralische Marter“. Die Hölle ist „ein Ort ewiger Qualen, wohin die Seelen derjenigen kommen, die mit einer schweren Sünde diese Welt verlassen haben.“ Die größte Marter in der Hölle ist wie im Fegefeuer die Beraubung der Möglichkeit Gott zu sehen, aber auch ewige Gewissensvorwürfe sowie furchbare körperliche Schmerzen.

Katholiken glauben auch daran, dass mit dem Wiederkunft Jesu auf Erden das Ende dieser Welt anbricht und alle Auferstandenen nach der Vereinigung von Körper und Seele im „Jüngsten Gericht“ ihr endgültiges Urteil empfangen. Dann erfolgt die Auferstehung der Körper und die Seelen verbinden sich von Neuem mit diesen.

Katechizm Kościoła Katolickiego, Pallotinum 1994 – www.katechizm.opoka.org.pl

Zitate nach: Pfarrer Maciej Sieniatycki, Dogmatyka katolicka. Podręcznik szkolny, Kraków 1930.

 

Bei den Evangelischen

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Nach der Auffassung Luthers und der ev. Kirche ist menschliche Buße dagegen allein auf Erden, jedoch nicht mehr nach dem Tode möglich. An die Existenz eines „Fegefeuers“ glaubt man nicht. Nach dem Tode befände sich die Seele einzig in Gottes Hand, und keinerlei Seelenmessen oder Fürbitten der Angehörigen für ihre Verstorbenen könnten dann noch etwas an Gottes Ratschluss ändern. Wie alle Christen glauben Evangelische daran, das sich beim Tod die Seele vom Körper trennt und sich erst wieder beim Jüngsten Gericht mit diesem vereint. Luther stellte sich vor, dass die Toten bis dahin in einem langen und tiefen Schlaf ruhten und erst zur fleischlichen Auferstehung beim Jüngsten Gericht wiedererweckt würden. Dies hieß andererseits, dass mit dem Tod die Bewährungszeit jedes Menschen endgültig abgelaufen war und er beim Jüngsten Gericht allein auf Gottes Gnade vertrauen konnte. Die Todesstunde gewann so für den Sterbenden eine unumwendbare Bedeutung für sein Seelenheil. In ihr wurde über ewige Verdammnis oder Seligkeit seiner Seele entschieden. Der Gläubige sollte sich jedoch nicht fürchten, da er gewiss sein könne, dass Christus ihm als Überwinder des Todes beistehe.

Reinhard Frieling, Katholisch und Evangelisch. Informationen über den Glauben, Göttingen 20079.

Vgl. Gerhard Schiller, Der Hirschberger Gnadenfriedhof mit seinen Grufthäusern. Erinnerung an seine Geschichte und die hier Ruhenden, Jelenia Góra 2013.

 

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Zeugnisse von Vorstellungen des Lebens nach dem Tode auf dem alten Oppelner Stadtfriedhof

Die volkstümliche Vorstellung und Hoffnung des Wiedersehens seiner Lieben im Paradies war bei beiden Konfessionen verbreitet. In der ev. Kirche wurde sie anders als in der kath. Kirche zwar nicht gefördert, aber geduldet und findet so auch in zahlreichen Inschriften auf dem Oderfriedhof ihren Niederschlag. So etwa in der Aufschrift „Auf Wiedersehen!“, die noch heute auf mehreren Grabsteinen zu sehen ist, da sie Abschied und Hoffnung auf ein „Wiedersehen“ gleichermaßen in sich birgt.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Besonders bei durch den Tod getrennten Ehepaaren wurde nach irdischem Leiden und Schmerz der Hoffnung auf eine fröhliche und ewig währende Wiedervereinigung in Gottes Schoß Ausdruck gegeben: „Trennung ist unser Loos, Wiedersehn unsere Hoffnung.“ (Hugo Mattern, † 1901) oder: „Ruht geliebt und heiß beweint – Bis uns wieder Gott vereint.“ (Adolph Schwartz, † 1874). Gerade in der Zeit der Romantik waren solche Inschriften beliebt: „Grausam störte das Glück der Liebe die neidische Parze (Synonym des Todes). Wähnend, es trenne der Tod ewig ein liebendes Paar. Doch nun ruhen vereint die Liebenden wieder beisammen. Hier im bräutlichen Bett, ewiger Liebe geweiht." (Antoinette, † 1831, u. Christian Süssenbach, † 1832).

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Die bei beiden Konfessionen sehr häufig zu findende Inschrift „Hier ruht in Gott…“, wie z. B. bei Józef Fethke († 1919): „Tu spoczyła w Bogu“, gibt der Hoffnung Ausdruck, dass sich die Seelen der Verstorbenen bereits geläutert in Gottes Gegenwart befinden: „Hier ruhen in Gott nach Alltagslast und Werktagshast in einsam stiller Seelenrast Pfefferküchlermst.“ Karl Nerger (†1887) u. seine Frau Hedwig († 1926). Im gleichen Sinne sind auch die Wendungen „Ruhe sanft!“ oder „Ruhe in Frieden!“ zu verstehen. Sie wurden vom lateinischen „Requiescat in pace“, kurz „R.I.P“, abgeleitet.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Besonders auf kath. Grabsteinen erscheinen Bitten um Fürbitten für die Verschiedenen, so etwa bei Carl Jackisch († 1862): „Er sei empfohlen dem Andenken und Gebeth“ oder wie bei Janina Kosmala († wohl nach 1945) und Apolonia Dracz († 1956): „Prosi o modlitwie“ (Sie bittet um ein Gebet) oder auch „Vergiss die treuen Toten nicht!“ (Heinrich Ossig , † 1921).

Vielfach wird der Hoffnung auf die Gnade Gottes, der Vergebung der Sünden und das ewige Leben Ausdruck gegeben: „Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Barmherzigkeit erlangen.“ (Marianne Wallitzek, † 1879)“, „Mein Jesus Barmherzigkeit“ (Johanna Seidel, † 1928), „Gott rief aus den Leiden dieser Zeit – Hin in die Freuden der Ewigkeit" (Agnes Larisch, † 1919) oder: „Nur dort, wo ewig blüht, was einmal blühet. Dort ist das Reich, was jeden Wechsel fliehet.“ (Auguste Zedler, † vermutl. um 1830)

Gleichzeitig versichern die Hinterbliebenen auf den Grabsteinen ihr Gedenken an ihre Lieben. Sehr oft finden sich Wendungen wie etwa „unsere innigst geliebte Mutter“ (Margaretha Kapitza, † 1890), „unsere unvergeßliche Tochter und Schwester“ (Bertha Kubon, † 1918) Cmentarz Opole, ul. Wrocławska oder auch von der ganzen Glaubensgemeinde „Ihrem ehemaligen Pfarrer die dankbare Pfarrgemeinde.“ (Caspar Wrzodek, † 1907). Der Glaube an das Ewige Leben der Verstorbenen bot den zurückgelassenen Trauernden Trost: „Hier tröstet nur des Glaubens Licht, das ruft: der Geist verweset nicht!“ (unbekannt, † vermutl. um 1925).

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska Beim besonders schmerzhaften Tod eines Kindes spendete die Gewissheit Trost, dass diese nach Matth. 19, 14 und Mark. 10, 14 sofort Eingang ins Himmelreich fanden, so etwa in der Inschrift für den nach wenigen Monaten Lebens verstorbene Marian Gruszka († 1956): Cmentarz Opole, ul. Wrocławska „Powiekszył Grono Aniółków“ (Er hat die Schar der Engelchen vermehrt).

Eine besondere Inschrift findet sich bei Czesław Komala († 1945) „Niech ci ziemia Sląska lekka będzie.” (Möge Dir die Erde Schlesiens leicht sein!) Der Ursprung dieses Spruchs stammt aus dem antiken Griechenland und war schon auf römischen Grabsteinen um Christi Geburt in der lateinischen Form „Sit terra tibi levis!“ üblich.

Cmentarz Opole, ul. Wrocławska

Sepulkral - und Gartenkunst auf dem Friedhof als würdiger Rahmen für einen Ort der Besinnung und des Gedenkens

Gartenkunst

Wenn man den Friedhof heute besucht, fällt die eine zentrale Achse bildende Lindenallee sofort ins Auge. Sie teilte den Friedhof in seiner gesamten Länge von Süd nach Nord in zwei Hälften. Noch 1926 standen zum Teil hundertjährige Bäume aus der Anfangszeit des Friedhofs. Die Seitenwege waren damals mit „schattenspendenden Linden und Kastanienbäumen“ versehen.

In der Zeit von 1911 bis 1923 war „die Umgestaltung des Friedhofs in der Odervorstadt zu einer zeitgemäßen und stimmungsvollen Anlage von besserer künstlerischer Wirkung“ erfolgt. Wie der Magistrat berichtet, waren bei diesem Vorhaben Geld- und Raummangel sowie „die unschöne Umgebung“ die größten Hindernisse gewesen. Vor allem seit 1911 wurden die Grabfelder mit Buchen-, Ribes- oder immergrünen Hecken aus Thuja, Taxus und Liguster eingefasst und die Felder 1, 3, 5, 7 und 9 in diesem neuen Stil angelegt. Auch innerhalb der Reihengräberfelder brachten einzelne angepflanzte Bäume und Hecken „etwas Stimmung in die Friedhofsanlagen“. 1926 hieß es über die Kriegsräber in der Abteilung 2: „Strauch- und Schlingrosen und sonstiger Blumenflor bilden einen wirksamen Schmuck der Gräber. Die Berasung wird nach und nach durch Epheupflanzungen ersetzt werden, ...“

Fragment alei 2016 Fragment Alei część zlikwidowana 2016 Schon seit 1889 hatte der Friedhofsaufseher „… auf einem ihm besonders zu überweisenden Ackerstück eine Baumschule zur Aufzucht der für die städtischen Wegbepflanzungen u. s. w. nöthigen Bäume und Sträucher anzulegen“, welche Regelung wohl bis zur Schließung des Friedhofs 1931 fortbestand.

Nach einer von Ingenieur Franciszek Czyżowski im Jahr 1985 durchgeführten Untersuchung war die dominierende Baumart der Friedhofsbepflanzung mit 190 Exemplaren die Winterlinde, aus welcher Baumart auch die Hauptallee besteht. Das Alter des Baumbestands wurde 1985 auf etwa 95 bis 120 Jahre geschätzt, was einer Anpflanzung in der Zeit von 1865 bis 1890 entspricht. Die Bäume entlang der Seitenwege wurden mit ungefähr 45 bis 70 Jahre als jünger eingeschätzt, was heißt, dass sie etwa von 1915-1940 angepflanzt wurden. Neben den Linden fand sich eine bedeutende Anzahl von Roteichen und Rosskastanien, etwa je 60 Bäume beider Gattungen. Insgesamt zählte man 1985 ungefähr 400 Bäume auf dem Friedhof. Wie schon erwähnt, spielte die Begrünung für die Anlage der Friedhofslandschaft eine wichtige Rolle – „sie unterstreicht den Verlauf der wichtigsten Fußwege, teilt die einzelnen Grabfelder voneinander ab und veranschaulicht die Anlage der Flächenkomposition“ (Bericht, S. 13).



Carl Franz Grauer Fragment alei 1985

Sepulkralkunst

Schon 1814 versah man den Friedhof mit einer Umfassung und begann „schöne marmorne und eherne Denkmäler“ aufzustellen. Die ersten Grabmäler auf dem Oppelner Friedhof wurden in einem für den Anfang des 19. Jahrhunderts charakteristischen Stil ausgeführt. Die dominierenden klassizistischen Formen waren Obelisken, Urnen oder Pyramiden. Sie stützten sich auf damals ungemein beliebte Motive aus der Antike – besonders aus der griechischen und ägyptischen Kultur. Am häufigsten wurden diese Motive aus Eisenguss hergestellt, z. B. in der Malapaner Hütte (Ozimek). Seltener waren Objekte aus Stein, wie etwa aus Marmor.

Nach der Verordnung von 1845 konnten die Totengräber mit der „Erhaltung der Gräber“, der „Besetzung derselben mit Rasen oder Blumen“ oder mit der Pflege von Grabdenkmälern und der entlang der Westmauer liegenden Erbbegräbnisse mit ihren Grüften und oft prunkvollen und monumentalen Epitaphienwänden beauftragt werden. Doch wurde damals bei weitem nicht jedes Grab gepflegt oder gar mit einem ehernen oder steinernen Denkmal versehen. Bei Vernachlässigung von Denkmälern konnte der Magistrat die Hinterbliebenen dazu verpflichten diese instandzusetzen oder zu entfernen.

Noch um 1923 gab es vor Ort viele historische Grabmäler aus Marmor, die – wie das für Paul Franz – zum Teil von Urnen gekrönt waren. Auch viele gusseiserne Denkmäler der ersten Hälfte des 19. Jhs aus oberschlesischen Hütten waren erhalten – besonders aus der Gleiwitzer Gießerei. Letztere waren zuvor vielfach in das städtische Museum verbracht worden, wurden jedoch dann ab 1913 an optisch günstigen Stellen des Friedhofsgeländes wiederaufgestellt. Es gab auch zahlreiche gusseiserne Kruzifixe aus dem 19. Jahrhundert. Steine ohne künstlerischen Wert wurden nach Ablauf der seit 1835 festgesetzten 25-jährigen Liegezeit entfernt.

Als 1918 bezüglich der erhaltenen Objekte mit denkmälerischem Wert eine erste Inventarisierung des Friedhofs vorgenommen worden war, schätzte man zehn gusseiserne Grabmäler nach historischen und künstlerischen Gesichtspunkten als besonders wertvoll ein. Alle diese Denkmäler waren im Laufe der ersten Jahre nach Anlage des Friedhofs im ersten Viertel des 19. Jhs. entstanden, Leider hat sich kein einziges dieser Grabmäler bis auf unsere Zeit erhalten. Wir kennen nur einige von ihnen aus erhaltenen Fotografien oder knappen Beschreibungen. Es waren dies die hier chronologisch aufgeführten Denkmäler, die an folgende Personen erinnerten:

 

  1. Bernhard Carl Ludwig Freiherr von Schöning (* 30. Sept. 1787; † 6. Juni 1813), Major der Kavallerie, er wurde am 26. Mai 1813 im Gefecht bei Haynau (Chojnów) schwer verwundet und ist in einem Lazarett in Oppeln gestorben. Vielleicht wurde er zunächst auf dem nahen Kirchhof des „Kreutzkirchels“ vor dem Odertor bestattet. Sein gusseisernes Grabdenkmal war auf der Breslauer Jahrhundertausstellung zu sehen und wurde 1913 wieder in der Abteilung 2 des Friedhofs aufgestellt. Sein Denkmal zeigte die „Gestalt eines Pylonen, dessen vier Seiten mit einem Dreiecksgiebel abschließen“. Dieser war mit dem Motiv eines Lorbeerkranzes und im oberen Teil mit Abbildungen von Blattwerk und Inschriften geschmückt, Höhe: 142 cm. [Foto]
  2. Christiane Friederike Gorke, geb. Krause (* 1773; † 10. 7. 1814), Denkmal in Form eines vierseitigen Obelisken mit Todessymbolen und Inschriften, Höhe: 225 cm. [Foto]
  3. Carl Franz Grauer (* 1750; † 10. 7. 1815), Denkmal in Form einer Urne auf einem Sockel, Höhe: 186 cm. [Foto] 
  4. Anton Plewiora (* 1749; † 12. 8. 1818), Leinwandhändler, Denkmal in Form einer Urne auf einem Sockel, Höhe: 186 cm. [Foto] 
  5. H. L. Heller (* 1754; † 9. 8. 1818), Forstmeister, Denkmal in Form einer auf einem Postament stehenden und mit Flammen gekrönten Pyramide. [Foto] 
  6. Graf Carl Heinrich Fabian von Reichenbach-Goschütz (* 1778; † 8. 5. 1820), erster Präsident des Regierungsbezirks Oppeln, „gestutzter Obelisk auf vierseitigem Sockel“, geschmückt mit plastischen Motiven, an den Seiten des Obelisken Inschriften und Blattwerk, Höhe: 342 cm. [Foto] 
  7. 1821: Christina Dorothea Kaulfersch, geb. Lachmann; († 24. 10. 1821), in Form eines vierseitigen Pylonen mit Palmenmotiven, Höhe: 118 cm. 
  8. Wiesner (* 1761; † 2. 9. 1825), Kgl. Gerichtsrat, Denkmal in Form einer Vase auf einem quaderförmigen Postament mit einer in einem Oval eingefügten Inschrift, die Eckkanten mit Engelsköpfen geschmückt, Höhe: 109 cm; [Foto]

sowie zwei Grabplatten:

      9. Jacob Friedrich von Holtzendorff († 3. 8. 1820), General – und:

     10. Josef Storch († 15. 6. 1827), Bürgermeister.

Aus einem späteren Zeitabschnitt wurde zwei ovale Grabplatten mit Inschriften für Georg Friedrich Tasche († 1861) und seine Frau († 1847) als von künstlerischem Wert aufgeführt. 1939 wurden darüber hinaus zahlreiche eiserne Kruzifixe erwähnt – sicher auch aus der Malapaner Hütte. Dieser Grabschmuck war auch für unvermögendere Personen erschwinglich.

 

Unter den herausragenden Denkmälern aus Stein führte die Friedhofbeschreibung auf: Franz Paul (1768-1818), Oppelner Stadtpfarrer an der Heiligkreuzkirche, Denkmal in Form einer klassizistischen Marmorvase (60 cm) auf einem viereckigen Sockel (130 cm), geschaffen von Klose aus Gnadenfrei (Piława Górna).  Dieses Denkmal wurde Paul vom Stadtrat aus Dankbarkeit für seine Verdienste gestiftet und 1827 feierlich eingeweiht.

 

Christian Johann Süßenbach (1772-1832), kgl. Forstmeister und seine Ehefrau, Denkmal in Form eines Kreuzes in Höhe von 140 cm auf einem vieleckigen Fundament mit Inschrift (93 cm), dieses Grabdenkmal kam bis auf unsere Zeiten. [Foto]

 

Johann Scholz († 1843), Denkmal in Form eines Kruzifixes mit gotisierendem Maßwerk und figürlichen Darstellungen.

 

Auguste Zedler, geb. Galle († vermutl. um 1830), Steinkreuz (abgebrochen) auf einem quadratischen Sockel; vermutlich wurde es um 1913 ans nördliche Ende der Mittelallee versetzt; erwähnt wird in der Inschrift nur ihr Heiratstag mit dem Arzt und Oppelner Kreisphysikus Dr. Joseph Zedler am 30. Juli 1826. Es ist vielleicht das älteste Denkmal auf dem. Friedhof. [Foto]

Krzyż główny 1985 Aufmerksamkeit verdient das glücklicherweise erhaltene, bescheidene Grabdenkmal des Oppelner Malers Joseph Jackisch (1791-1862). Der Künstler hat es selbst entworfen. Es zeigt einen schlanken, von einem Kreuz gekrönten Grabstein mit einer Inschriftentafel und gotischem Maßwerk. [Foto]

1914 wurde das „Hauptkreuz“ von seinem Platz vor der Kapelle vor das Inspektorenhaus versetzt sowie das „Eingangstor architektonisch neu ausgebaut“. Die Breslauer Straße wurde neu gepflastert und der „schmutzige tiefe Graben“ zur Seite des Friedhofs zugeschüttet und darauf ein Gehweg angelegt.

Materln kapliczka

Nach dem Ersten Weltkrieg wurden Holzkreuze, so genannte „Marterln“, eingeführt, von denen man zuvor in München einige Modelle bestellt hatte. Um 1923 waren schon viele davon vorhanden. Sie verliehen dem Friedhof „Stimmung und künstlerisches Gepräge“ – so der Magistrat.

Die Reihengräber mussten seit 1875 mindestens 35 cm Abstand voneinander haben. Wenn keine Grabmäler vorhanden waren, wurden über ihnen kleine Grabhügel aufgeschüttet, um sie so zu kennzeichnen. Oftmals waren sie nur mit Rasen bedeckt. Deren Höhe GRÓB RODZINY MELCHER stan 1985 wurde von 1875 35 cm, auf 1912 25 cm und 1914 15 cm vermindert. 1912 wurden Zementeinfassungen der Gräber verboten und nur noch Steineinfassungen erlaubt. Auch die Zahl der eisernen Grabumgitterungen sowie der Grabsteine und -tafeln versuchte man seit 1911 zu vermindern, da sie „kalt und steif“ wirkten.

Nach der erneuten Friedhofserweiterung 1872/73 wurden die Grabstellen entlang der Westmauer zu prestigeträchtigen letzten irdischen Ruhestätten. Hier entstanden prachtvolle Erbbegräbnisse mit Gruften und Epitaphienwänden, während die Friedhofsordnung GRÓB RODZINY FORM stan 2016 von 1878 sie innerhalb der Grabfelder von nun an verbot. Bis heute haben sich von ihnen leider nur Fragmente erhalten. Diese erinnern noch an die einstige Pracht der abgetragenen Grabdenkmäler, die in der vorherrschenden Mode des 19. Jh. im historischen Stil errichtet wurden.

Es fällt sehr schwer etwas über freistehende Erbbegräbnisse oder Grufthäuser in Erfahrung zu bringen. Nur eines erscheint auf historischen Karten und kam bis auf unsere Zeiten – das neoromanische Grufthaus der Pfefferküchlerfamilie Beyer/Bayer GRÓB RODZINY KROMBHOLZ stan 1985 mit dem ältesten Todesdatum vom 5. Jan. 1872. Es besitzt die Form eines nicht sehr großen einstöckigen Gebäudes. Die Ecken seiner Seitenwände sind mit Strebepfeilern versehen. Es wird von einem relativ spitz zulaufenden Satteldach überdeckt. Das Eingangsportal wird von einem Halbbogen überspannt und den Eingang verschließt ein Gitter. Darüber befindet sich ein rundes Fenster mit dem Motiv einer Rosette, das in der Rückfassade seine Entsprechung findet. Unter dem Dachsims sind Vorder- wie Rückfassade mit einer Leiste aus Keramikkacheln verziert. Sie zeigen stilisierte Pflanzenmotive. Darunter verläuft ein Arkadenfries.

Beyer kaplica stan 2016

Bildhauerische Werkstätten

Aufgrund der starken Zerstörungen und Verluste der Grabmäler ist es schwer ihre bildhauerischen Schöpfer zu ermitteln. Im Katalog von 1939 wird etwa ein Denkmal mit der Inschrift „Verfert. bei Menzel in Neisse” erwähnt. Das Alabasterrelief einer Frauengestalt auf einem reichen, heute namenslosen Grabmal an der Westmauer trägt die Inschrift des bekannten Breslauer Bildhauer- und Steinmetzbetriebs „Künzel u. Hiller“, den Wilhelm Künzel und Carl Hiller in der St.-Hedwig-Str. bei der Sandbrücke führten. Auf einigen anderen Grabmälern erscheint zudem die Signatur der Werkstatt „E. Wenzel.“ aus Brieg (Brzeg).

Billik u. Knauer, reklama 1907 KUNZEL&HILLER Beyer wnętrze kaplicy stan 2016 BILLIK sygnatura KUNZEL&HILLER beyer kaplica stan 1985

Die meisten der Grabmäler führten jedoch in Oppeln ansässige Betriebe aus. Mind. von 1891-1896 war derjenige Emil Billiks in der Breslauer Str. (ul. Wrocławska) 10 gleich gegenüber dem Haupteingang des Friedhofs gelegen, untergebracht. Hier konnte man schon 1891 auch „fertige Grabdenkmäler“ aus dem „größten Lagerbestand“ der Stadt erwerben, z. B. „Grabkreuze, Schlummerkissen, Lehn- u. Gruftplatten in Syenit, Granit, Marmor und Sandstein“. Vermutlich Verwandte dieser Familie – die „Brüder Billik“ – sind 1898 in Ratibor bezeugt, wo sie damals mittels einer Annonce für ihre dortige Bildhauerei Steinmetzlehrlinge suchten.

Roenisch, reklama 1905 Rönisch Wilhelm, reklama 1909

Zu den meistgeschätzten Meistern ihres Fachs in der Stadt gehörten zu Beginn des 20. Jahrhunderts Wilhelm Rö(h)nisch und Josef Knauer. Ihre Signaturen kann man auf mehreren der erhaltenen Grabsteine finden. Rönisch hatte spätestens Ende 1903 die Räumlichkeiten der ehemaligen Werkstatt Billiks in der Breslauer Str. Nr. 10 übernommen und zog dann nach 1911 ein paar Häuser weiter in die Nr. 2 um – wo bis dahin Knauer seinen Betrieb geführt hatte. In der Branche herrschte – wie auch aus einem Streit Billiks mit dem Friedhofsaufseher Piechulek aus dem Jahr Rönisch sygnatura 1896 bekannt ist – ein starker Preiskampf, so warb Rönisch in seiner Anzeige für das Jahr 1904: „Wir bitten darum unsere Firma genau in Augenschein zu nehmen und nicht nur auf die anscheinend niedrigen Preise unserer Konkurrenten zu achten.“ In seinen Werbeanzeigen rühmte er sich der bei der „Ostdeutschen Ausstellung“ 1911 in Posen gewonnenen „Großen Silbernen Medaille“ sowie des ersten Preises bei der „Obst- und Gartenbauausstellung“ in Oppeln 1912. Nach der Eröffnung des neuen Friedhofs 1931 verlegte Rönisch sein Geschäft schließlich nach Halbendorf (Półwieś). Um 1933-1937 schuf er folgendes Werk: „An Stelle des alten, morschen Holzkreuzes an der Ecke Krappitzer-Hindenburgstraße [heute: ul. Oświęcimska/ul. ks. Rudzkiego] ist ein massives Betonkreuz errichtet worden. Der schöne corpus stammt aus der Werkstatt des Bildhauers Röhnisch in Oppeln.“ (Moecke, Chronik Groschowitz, 1937)

KNAUER sygnatura Abzug Josef Knauer führte seinen Betrieb unter dem alten Namen „Emil Billik“ fort – vermutlich war er also ein Verwandter von ihm. Von mind. 1906-1911 befanden sich Werkstatt und Geschäft in der Breslauer Str. Nr. 2, kehrten dann aber später ins Haus Nr. 10 zurück. Knauer fertigte Grabdenkmäler „in allen Stilen“ an, so auch Wege- oder Grabkreuze und Grabdenkmäler aus Zement. Nach seinem Tod (nach 1925) übernahm der Oppelner Bildhauer Kurt Spribille kurzzeitig seine Firma. Mind. seit 1926 gab es einen weiteren Oppelner Bildhauer, Alois Abzug, der seine Werkstatt in der Malapanerstr. 14 hatte. Das Grabmal des Ehepaars Abzug hat sich bis heute erhalten.

Nachdem die polnische Verwaltung den Oderfriedhof nach dem Zweiten Weltkrieg erneut für Begräbnisse freigegeben hatte, finden sich in den Oppelner Zeitungen Werbeanzeigen des „Warschauer Bildhauer- und Steinmetzbetriebs“ Franciszek Wencels, der sich 1945 in Opole niedergelassen hatte. Die Firma hatte ihre Räume in der ul. Wrocławska 38-40. Franciszek Wencel (1884-1954) war neben der Leitung seiner bildhauerischen Werkstatt auch als Verwalter der städtischen Friedhöfe in Oppeln eingesetzt.

 

 

Hauptquellen:

Die Bau und Kunstdenkmäler des Stadtkreises Oppeln, Breslau 1939.

Friedhofsordnungen der Stadt Oppeln von 1875, 1878, 1896, 1912 u. 1929 (mit Ergänzungen), in: APOP, Rejencja Opolska, wydział II-956 u. APOP Rej. Op., wydz. II-792.

Verwaltungsbericht der Stadtgemeinde Oppeln für die Zeit vom 1. April 1911 bis 31. März 1923, Oppeln 1926, S. 303-306.

Czyżowski (kier.), Teczka ewidencyjna cmentarza komunalnego przy ul. Wrocławskiej w Opolu, opr. zespół rzeczoznawców, Opole 1985, mps.

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