(Grab nicht erhalten)
Lebenslauf:
„Hoffmann, Karl Julius Adolph Hugo, Musikdirektor, Chordirektor an der katholischen Hauptkirche und Gesanglehrer an dem königl. Gymnasium zu Oppeln; geb. zu Ratibor den 16. Februar 1801, wurde von seinem Vater zur Musik gebildet, versuchte sich schon in seinem 11ten Jahre in geistlichen Compositionen, kam 1815 in das Convictorium zu Breslau, wurde 1819 Chorpräfect und bezog 1821 die dortige Universität, um philosophische Studien zu machen. Sein Hauptaugenmerk blieb indessen stets auf einen musikalisch literarischen Standpunkt gerichtet. Im Sommer 1822 gründete er den academischen Musikverein zu Aufführung classischer Musikwerke, an welchen sich die ersten Männer Breslaus anschloßen. Im Jahr 1823 unternahm Hoffmann eine musikalische Reise durch Deutschland, welcher im Verlaufe der Zeit noch mehr ähnliche Touren folgten. Nach dem Tode des Musikdirektors Luge in Oppeln wurde er zu dessen Nachfolger und im Jahr 1830 zum Chordirektor an der katholischen Hauptkirche daselbst ernannt. Hier strebte er vor Allem, einen guten Sängerchor zu bilden und die Kirchenmusik zu verbessern, zu welchem Ende er ein Singinstitut errichtete. Viele Aufsätze von ihm sind in verschiedenen Journalen, wie namentlich in den „Schlesischen Provincialblättern“ abgedruckt, und er hat besonders auch eine Gesanglehre, „Leitfaden für Gymnasien und Stadtschulen“, herausgegeben; manche gute Abhandlung hat die musikalische Literatur demnächst von ihm zu erwarten; so z. B. Literatur der Musik des 18ten und 19ten Jahrhunderts; Musik der Griechen und Römer u. s. w. Zu seinen Compositionen gehören: S Messen, 2S Hymnen, 8 Offertorien, 8 Cantaten, 2 Motetten, 3 Psalmen, 1 Vesper, 1 Litanei, 1 Satz Stationen am Fronleichnamsfest, 37 Lieder mit Clavierbegleitung, 2 Choralsammlungen, 8 Grabgesänge mit Begleitung der Blasinstrumente, 1 Ouverture, 10 Chöre, 22 vierstimmige Männergesänge, 3 Operetten, 1 Melodram, 1 Ballet für Orchester, 2 Claviersonaten, 4 Sätze Claviervariationen, 4 Märsche für Janitscharenmusik; die Ballade: die Jungfrau auf dem Balle, große Scene und Duo für Alt und Baß, so wie 4 große Oden mit Orchester-Begleitung, 3 Chöre für Polterabende, 4 vierstimmige Lieder ohne Begleitung, 3 Concerte für Horn und 1 Concert für Pianoforte. Von diesen Werken sind erschienen: Antwort auf Beethovens Sehnsuchtswalzer. – Lied am Grabe eines studirenden Jünglings. – Vier Minnelieder aus den Zeiten der Minnesänger mit unveränderter Melodie für 4 Männerstimmen. – Drei Lieder von Gr. v. Schlippenbach für eine Singstimme mit Clavier-Begleitung. – Zwei große Polonaisen für Clavier. – Lied von Gabriel. – Melodien zu den im christkatholischen Gebet- und Gesangbuche enthaltenen Gesängen gesammelt und herausgegeben. (Darin von Hoffmanns Composition 83 Choräle.) – Sammlung 4stimmiger Gesänge zum Gebrauch bei dem öffentlichen Gottesdienst auf katholischen Gymnasien und bei Begräbnissen. – Vier Polonaisen für großes Orchester.“ [Dr. G. Schilling, Das musikalische Europa oder Sammlung von durchgehends authentischen Lebens-Nachrichten über jetzt in Europa lebende ausgezeichnete Tonkünstler, Musikgelehrte, Componisten, Virtuosen, Sänger etc. etc., Speyer 1842, S. 170f.]
„194. Karl Julius Adolf Hugo Hoffmann,
Musikdirektor, Chordirektor an der kath. Hauptkirche u. Gesanglehrer an dem königl. Gymnasium zu Oppeln;
geb. d. 16. Febr. 1801, gest. d. 24. Juli 1843 (Nowack's Schles. Schriftsteller-Lex. Heft 3 S. 55 u. Schles. Prov.-Blätter 1843. 9. Heft.)
H. wurde zu Ratibor geboren, wo sein 1823 verstorbener Vater Chorrektor und zweiter Lehrer an der katholischen Stadtschule war. Der Sohn erhielt von seinem 8. Jahre an von diesem den ersten Unterricht in der Musik und versuchte sich bereits in seinem 11. Jahre in Kompositionen geistlichen Inhalts, von denen die gelungensten in der Pfarrkirche aufgeführt wurden. Wegen seiner vortrefflichen Altstimme ward er in Folge der Empfehlungen des Kreisjustizraths Luge in Oppeln zu Michaelis 1815 in das Konviktorium zu Breslau, eine Pflegeanstalt für arme katholische Gymnasiasten, aufgenommen, wurde 1819 Chorpräfekt und bezog 1821 mit dem Zeugniß Nr. II. mit Auszeichnung die dasige Universität, entschlossen, sich den philosophischen und philologischen Studien zu widmen.
Doch für den Zauber der Tonkunst frühzeitig empfänglich gemacht, faßte er sehr bald die Musik von ihrer wissenschaftlichen Seite auf und benutzte seinen Aufenthalt auf der Hochschule, um sich einst eines vesten musikalisch-literarischen Standpunktes zu versichern. Der tägliche und vertraute Umgang mit Schnabel (Dessen Biograph. siehe im 9. Jahrg. des Neuen Nekr., 9. Jahrg., S. 538.) und Berner (Eine kurze Notiz über ihn, s. Neuer Nekr., 5. Jahrg., S. 1115), den beiden Heroen schlesischer Musik, der fleißige Besuch der Breslauer Winterkonzerte, so wie der Unterricht, den er von Berner genoß, übten auf sein musikalisches Treiben und Wirken einen wohlthätigen Einfluß.
Im Sommer 1822 errichtete er den akademischen Musikverein, dessen Gründung von dem Breslauer Publikum beifällig aufgenommen und dessen Gelderträge zu wohlthätigen Zwecken, namentlich zur Unterstützung der zu gleicher Zeit eingeführten Krankenkasse für Studenten, verwendet wurden. Das ehrenvollste Zeugniß für diesen auf die geistige und gemüthliche Richtung der Studierenden einflußreichen und wohlthätigen Verein besteht in der lebendigen Theilnahme, deren er sich fortdauernd von Seiten des kunstsinnigen Publikums in Breslau erfreut.
Großartige Aufführungen, wie das Weltgericht von Schneider, Don Juan, die Zauberflöte, Titus, Figaro’s Hochzeit, Davide penitente von Mozart, der Freischütz von K. M. v. Weber (Dessen Biogr. siehe im 4. Jahrg. des Neuen Nekr., S. 324.), die sämmtlich in der Aula Leopoldina stattfanden, gewährtem dem überaus zahlreichen Auditorium schöne Genüsse. Diesem Vereine, der sich noch heut in der Reihe der vorzüglichsten Koncertgesellschaften Breslau's behauptet, haben die meisten Nachfolger Hoffmann's, Kahl, Seidelmann, Sadebeck und Klingeberg, ihre Geschicklichkeit im Dirigiren zu verdanken Im Jahr 1823 unternahm H. eine musikalische Reise durch Deutschland und lernte in Görlitz den Organisten Schneider, in Dresden den Kapellmeister K. M. v. Weber, in Leipzig den Koncertmeister und Violinvirtuosen Mathai (Dessen Biogr. siehe im 13. Jahrg. des Neuen Nekr., S. 942) und in Kassel den Kapellmeister Spohr kennen. Zwei Jahre später bereister er die Rheingegenden, machte die Bekanntschaft mt seinem Landsmanne, dem Kapellmeister Guhr, in Frankfurt a. M., und wohnte dem großen Musikfeste zu Aachen bei.
Im Jahre 1826 reist er mit Schnabel nach Dresden, wo er in dem Umgange mit Morlachi (Dessen Biogr. siehe im 19. Jahrg. des Neuen Nekr., S. 1017.), Morgenroth, Sassaroli, Klengel u. Anderen manche herrliche Stunde genoß. 1827 folgte H. der Einladung des freien Standesherrn Grafen v. Reichenbach nach Goschütz, wo er die Koncerte der damals blühenden Kapelle leitete.
Nach dem Tode des Regens Chori und Musikdirektors Luge (Eine kurze Notiz über ihn, s. im 6. Jahrg. d. Nekr., S. 936)) zu Oppeln wurde er an dessen Stelle gewählt und ihm zugleich der Gesanglehrerposten an dem dasigen Gymnasium überwiesen. Im Jahr 1830 ernannte ihn das Generalvikariaramt zu Breslau zum Chordirektor an der katholischen Hauptkirche zu Oppeln, 1831 der Breslauer Künstlerverein und 1833 die Gesellschaft für vaterländische Kultur zu ihrem korrespondierenden Mitgliede.
Mit dem guten Willen, sein Talent der Provinz zu weihen, die er sein Vaterland nannte, widmete er seine Kräfte zunächst dem ihm angewiesenen Wohnorte: Sein erstes Geschäft war, einen guten Sängerchor zu bilden, die Kirchenmusik zu verbessern und namentlich den Gesang zu einem Gegenstande der allgemeinen Beachtung zu erheben. Deshalb errichtete er ein Singinstitut, dessen untere Abtheilung in den Elementen der Gesangstheorie unterrichtet wurde, indeß die höhere sich in Meisterwerken eines Mozart, Haydn, Beethoven, Händel u. A. übte. Auf diesem Wege ist es ihm, zugleich durch freundliche Unterstützung von Musikfreunden, gelungen, den Oberschlesiern viele musikalische Genüsse zu bereiten. Haydn's Schöpfung, welche er am 28. April 1836 in Oppeln zum siebentenmal aufführte, war zugleich das hundertste Koncert, das unter seiner Leitung stattfand.
Seine Schriften sind:
Freimüthige Bemerkungen eines Virtuosen. Schles. Blätt. Jahrg. 1828.
Friedr. Wilh. Berner, eine biogr. Skizze; schles. Prov.-Blätt. März, April, 1828. S. 247-255, 312–320.
Berner’s Werke, bes. als Tonsetzer. Nachtrag; in Büsching’s Ergänz.-Bogen zu den schles. Prov.-Blätt. 1828. S. 86–93.
Erinnerungen aus meinem musikal. Wanderleben. Schles. Blätt. 1829, S. 283 ff.
Die Tonkünstler Schlesiens. Breslau 1830, XII. 491 S.
Der musikal. Ritus in der kath. Kirche Schlesiens. Bresl. Zeitschr. für kath. Theol., Heft 6 (Bresl. 1832.) S. 3-43.
Der Musikunterricht auf den höhern Bildungsanst. mit bes. Bezugnahme auf die schles. Gymn. Schles. Prov.-Bl. Aug., Sept., Okt. 1832.
Nachrichten über das Musikwesen in Oppeln; in Eutonia, Bd. 2, 3 u. 8.
Gesanglehre. Ein Leitfaden für Stadtschulen u. Gymn. Bresl. 1834 VIII., 72 S.
Mehrere Recensionen im Lit.-Blatt zu den schles. Prov.-Blätt. (bis 1837) und den Boten für Oberschles.
Im Manuskript u. zum Druck bestimmt befinden sich:
Literatur d. Musik des 18. u. 19. Jahrh.; 20 Vorles. für die beiden obern Klassen der Gymn.
Geschichte d. Musik bei den Troubadours, Provençalen. u. Minnesängern.
Gesch. des Meistergesanges.
Die Musik d. Griechen u. Römer.
Einleitung in die Harmonielehre; 1. 2. Kursus. Ein Handb. für die beiden mittleren Klassen der Gymn., so wie die zwei letzten Kursus der Schullehrerseminarien.
Entwurf z. Gründung eines Musikinstituts für angehende Kantoren u. Organisten in Oberschlesien.
Zu seinen Kompositionen gehören:
5 Messen, 25 Hymnen, 8 Offertorien, 8 Kantaten, 2 Motetten, 7 Psalmen, 1 Vesper, 1 Litanei, 1 Satz Stationen am Frohnleichnamsfeste, 37 Lieder mit Klavierbegleit., 2 Choralsamml., 8 Grabges. mit Begleit. der Blaseinstrumente, 1 Ouverture, 10 große Chöre, 22 vierstimm. Männerges., 3 Operetten, 1 Melodram, 1 Ballet f. Orchester, 2 Klaviersonaten, 4 Sätze Klaviervariationen, 4 Märsche f. Janitscharenmusik; Ballade: Die Jungfrau auf dem Balle, große Scene u. Duo für Alt u. Baß, so wie 4 große Arien mit Orchesterbegleit., 3 Chöre f. Polterabende bestimmt; 4 vierstimm. Lieder ohne Begleit., 3 Koncerte f. Horn u. ein Koncert für Pianoforte. Von diesen Werken sind erschienen: Antwort auf Bethoven's Sehnsuchtswalzer. 1. 2. Aufl. Bresl. (1824). – Lied am Grabe eines studir. Jünglings Bresl. – Vier Minnelieder aus den Zeiten der Minnesänger, mit unveränd. Melodie f. 4 Männerst. Bresl. 1825. – Drei Lieder von Albert Graf v. Schlippenbach, f. 1 Singst. mit Begleit. d. Pianoforte. Ebd. 1828 – Zwei große Polonaisen f. Klavier. Ratibor – Lied von Gabriel, zum Besten der durch Ueberschwemmung Verungl. Breslau 1827. – Melodien zu den im christkath. Gebet- und Gesangbuch (Oppeln 1827) enthaltenen Gesängen gesammelt u. herausgeg. Oppeln 1829 u. 30. (1. Theil enthält die Gesänge von Nr. 89-171 unter Beifügung des Miserere. 127 S. Von H.'s Komposition sind darin 83 Choräle). – Sammlung vierstimm. Gesänge zum Gebr. bei dem öffentl. Gottesdienst auf kath. Gymn. u. bei Begräbnissen. Breslau 1830 VI. 66 S. – Vier Polonaisen f. großes Orchester (eign. Verl.).“
[Neuer Nekrolog der Deutschen, Bd. 21, Ausgabe 2 (1845), S. 677-680]
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Weitere Literatur:
Wir danken für Hinweise: Tomasz Krzemiński.
Remigiusz Pośpiech, Carl Julius Adolph Hoffmann (1801-1843), in: Piotr Jaskóła i Rajmund Porada (Red.), Ad plenam unitatem. Księga pamiątkowa dedykowana księdzu Arcybiskupowi Alfonsowi Nossolowi Wielkiemu Kanclerzowi Wydziału Teologicznego Uniwersytetu Opolskiego z okazji 25-lecia święceń biskupich oraz 70. rocznicy urodzin [Ad plenam unitatem. Erzbischof Alfons Nossol, dem Großkanzler der theologischen Fakultät in Oppeln gewidmete Festschrift aus dem Anlass seiner 25-jährigen Bischofsweihe sowie des 70. Geburtstages] (Serija Opolska Biblioteka Teologiczna 55), Opole 2002, S. 415-426.
Carl Julius Adolf Hoffmann, Die Tonkünstler Schlesiens. Ein Beitrag zur Kunstgeschichte Schlesiens vom Jahre 960 bis 1830. Enthaltend biographische Notizen über schlesische Komponisten, musikalische Schriftsteller und Pädagogen, Virtuosen, Sänger, Kantoren, Kammermusiker, Instrumentenmacher, so wie über Beförderer und Liebhaber der Tonkunst, Breslau 1830:
https://books.google.pl/books/about/Die_Tonk%C3%BCnstler_Schlesiens.html?id=ND9AAAAAYAAJ&redir_esc=y
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