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Lebenslauf:
Stanisław Spychalski kam vor dem Jahr 1895 aus der Umgebung des damals noch zu Deutschland gehörenden Posen (Poznań) nach Oppeln. Er beschäftigte sich mit dem Verkauf von Versicherungspolicen und wurde 1895 als „Kaufmann Stanislaus Spychalski“ bezeichnet. Ende der 1890er Jahre führte er in Oppeln einen „Handel mit Kolonialwaren, Farben, Tabak und Zigarren“ in der „ul. Kościelna 10” – wie er in seinen polnischsprachigen Anzeige angibt – während die offizielle Adresse damals „Kirchstraße” (heute: ul. Katedralna) war. Später verlegte er sein Geschäft in die „Odrzańska 25“, offiziell „Oderstraße“ (heute: ul. Koraszewskiego). Seine Frau war Władysława Klerykowska, die aus Środa Wielkopolska (Schroda bei Posen) stammte. Aus ihrer Ehe gingen drei Söhne hervor: Mieczysław (1901-1978), langjähriger Gemeindepfarrer in Bykowina (Friedrichsdorf), heute ein Stadtteil Ruda Śląskas (Ruda); Mirosław (1906-1983) pneumologischer Facharzt, er gehörte nach dem Krieg zu den Pionieren beim Aufbau des neuen Gesundheitssystems in Kluczbork (Kreuzburg), sowie Stefan (1910-1986), Beinahe sein gesamtes Berufsleben hindurch war Spychalski mit der „Volksbank“ (Bank Ludowy) in Oppeln verbunden und schon bei ihrer Entstehung hatte er mitgewirkt. Wie wir in der Gedenkschrift zur Wiederkehr des 40. Jahrestags der Entstehung der Bank lesen können, „versammelte sich am 28. März 1897 eine Gruppe von Leuten unter der Führung des seligen Redakteurs Bronisław Koraszewski mit dem Ziel in Oppeln eine Volksbank zu begründen. In ihren Vorstand wurden folgende Personen gewählt: Kasper Majer als Direktor, Wojciech Kandziora als Kassenführer und Stanisław Spychalski als Kontrolleur.“ Die Volksbanken waren eine Art genossenschaftliche Spar- und Darlehenskasse, die ausschließlich ihren eigenen Mitgliedern Kredite gewährte. Größtenteils stammten ihre Mitglieder aus dem dörflichen Milieu, man schätzt, dass sie in der Oppelner Volksbank ungefähr 80 % aller Klienten ausmachten. Um ihren propolnischen Charakter zu unterstreichen, führte die Bank einen Teil ihrer Korrespondenz in polnischer Sprache und bediente sich eines polnischen Namens „Bank Ludowy e. G. m. u. H.“ (eingetragene Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht). Die Bankstatuten schlossen zwar Mitgliedschaften von Deutschen nicht grundsätzlich aus, doch waren solche große Ausnahmeerscheinungen. Man muss darauf hinweisen, dass es in der gewählten Rechtsform einer privaten Genossenschaft keine Haftungsbegrenzung der Vorstandsmitglieder für die ihnen anvertrauten Guthaben gab. So konnten alle finanziellen Schwierigkeiten der Bank den Verlust der Privatvermögen ihrer Vorstandmitglieder zu Folge haben. Anfänglich war die Bank nur zweimal wöchentlich geöffnet, ab 1904 dann dreimal und seit 1906 gab es tägliche Öffnungszeiten für ihre Kunden. Dies war durch ihre ansteigende Mitgliederzahl begründet – 1904 waren es 878, 1907 1.296 und 1914 zählte die Bank schon 2.228 Klienten. Aufgrund seiner zunehmenden Bankgeschäfte gab Spychalski die Führung seines Geschäfts auf und widmete sich fortan beruflich nur noch seiner Arbeit in der Bank. Zunächst waren die Aufgaben als Vorstandsmitglieder im Gremium genossenschaftlich ausgeführt worden. 1909 wird Spychalski bereits als „Bankvorsteher“ erwähnt und nicht mehr wie zuvor als „Kaufmann“. Der Sitz der Bank war nach ihrer Gründung zunächst in der Oderstr. 25. Eine Reklame aus dem Jahr 1900 erklärt: „Dort, wo der Herr Kaufmann St. Spychalski wohnt“, später „in einem eigenen Gebäude“ in der Hafenstr. 9, heute ul. Piastowska 9, wobei das damalige Gebäude nicht mehr existiert. In den Anzeigen der Bank aus der Zwischenkriegszeit erscheint die Adresse häufig in zweisprachiger Ausführung: „Hafenstraße/Portowa“. Mindestens seit 1909 war Spychalski führendes Vorstandsmitglied der Bank (Bankvorsteher), nach dem Ersten Weltkrieg wurde er als „Direktor“ bezeichnet. Zusammen mit seiner Familie lebte er nun in einer Dienstwohnung im Bankgebäude. Aus den Erinnerungen seines jüngsten Sohnes Stefan wissen wir, dass in der elterlichen Wohnung zur Zeit des Ersten Weltkriegs geheime Treffen der Gruppe der so genannten „Philomaten“ abgehalten wurden. Zu ihnen gehörten elf Schüler des Oppelner Gymnasiums, darunter u. a. die zwei älteren Söhne Spychalskis, die Söhne des Arztes Józef Fethke sowie der spätere Pfarrer Karol Knosała. In der Plebiszitzeit von 1919 bis 1922 als sich das Los der staatlichen Zugehörigkeit Oberschlesiens entschied, erfuhren genossenschaftliche Tätigkeiten eine Unterbrechung, was auch für die Volksbanken galt. Erst nach der Teilung Oberschlesiens im Jahr 1922 begründeten Stanisław Spychalski und Leon Powolny in Oppeln die „Bank Ludowy“ von Neuem. Darüber hinaus wurde Spychalski nun im Jahr 1923 Vizepräsident des „Verbands Schlesischer Genossenschaften“ (Związek Spółdzielni Śląskich), dem alle polnischen Kreditgenossenschaften im deutschen Oberschlesien beitraten. Um vom deutschen Bankenwesen Unabhängigkeit zu gewinnen, bemühte man sich unter seinem Mantel darum bei polnischen Finanzinstituten Kredite zu erlangen. Als die „Bank Ludowy” 1934 eine massive finanzielle Krise zu meistern hatte, wurde Spychalski in den Ruhestand versetzt und Teodor Gadziński nahm seine Position ein. Spychalski war auch ein aktives Mitglied des „Bunds der Polen in Deutschland” (Związek Polaków w Niemczech) und füllte unter anderem die Funktion des Vizevorsitzenden des 1. Bezirks aus. Den Krieg überlebte Spychalski in Oppeln, wo er mit seiner Frau in der Nicolaistr. 29 (ul. Książąt Opolskich) wohnte. 1945 zog er in die ul. Kośnego 25 um. 1945 gelang es ihm noch sich beim Neufbau der polnischen Verwaltung einzubringen. Er wurde Mitglied der städtischen „Verifizierungskommission” (Komisja weryfikacji narodowości), deren Aufgabe es war die Nationalität der in Oppeln verbliebenen Bevölkerung zu bestimmen. Doch leider verstarb er schon kurze Zeit später. Sein Begräbnis fand am 26. Oktober 1945 statt. Im Namen des Bürgermeisters von Oppeln hielt Kazimierz Malczewski auf ihn eine Gedenkrede, wobei er hervorhob, dass Spychalski wie Bronisław Koraszewski aus Kujawien nach Oppeln gekommen sei und er zwar aus einer Posener Familie stamme aber doch „eine berühmte Oppelner Persönlichkeit sei, auch wenn er nicht aus Oppeln komme“. Schon kurz nach seinem Tod wurde eine der Oppelner Straßen im Stadtteil Zaodrze (Odervorstadt), unweit des ältesten Teils des Oderfriedhofs, nach Spychalski benannt. Nur in den Jahren des Stalinismus von 1950 bis 1956 trug diese Straße kurzzeitig den Namen von Maksym Gorki.
Hauptquellen:
Stefan Spychalski, [Wspomnienia] [w:] Wspomnienia Opolan, red. W. Kornatowski, K. Malczewski, Warszawa 1960.
Tadeusz Orłowski, Banki ludowe na Śląsku Opolskim w latach 1895-1939, Opole 1962.
Zespół dot. rodziny Spychalskich, Muzeum Śląska Opolskiego w Opolu.
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